Turandot
Lyrisches Drama in drei Akten und fünf Bildern von Giacomo Puccini (1858-1924)
Libretto von Giuseppe Adami und Renato Simoni nach Carlo Lucio Graf Gozzi
Vervollständigung des dritten Aktes von Franco Alfano (Zweite Fassung)
In italienischer Sprache mit deutscher und englischer Übertitelung. Dauer 2 Std. 30 Min. inkl. Pause nach dem 2. Akt nach ca. 1 Std. 20 Min. Werkeinführung jeweils 45 Min. vor Vorstellungsbeginn.
Gut zu wissen
Turandot
Kurzgefasst
Turandot
Giacomo Puccinis letzte Oper Turandot nach Carlo Gozzi spielt in einem märchenhaft-düsteren China. Dort herrscht eine repressive Gesellschaftsordnung, die sich in dem blutigen Rache-Ritus der Prinzessin Turandot kristallisiert: Turandot lockt mit ihrer kalten Schönheit scharenweise Freier an und liefert sie dann mittels unlösbarer Rätsel dem Henker aus. Bis eines Tages der entthronte Tatarenkönig Timur, sein Sohn, Prinz Calaf, und die Sklavin Liù erscheinen: Unerschrocken stellt sich Calaf den drei Rätseln der grausamen Prinzessin, löst sie und wird am Ende mit ihrer Liebe belohnt.
Puccinis unvollendet gebliebene Partitur besticht durch raffinierte Exotik und eine gekonnte Mischung aus Tragik und skurrilem Witz. Sie spannt den Bogen von pompösen Massenszenen über leidenschaftliches Pathos zwischen Turandot und Calaf bis zu den auf die Commedia dell’arte zurückgehenden Figuren Ping, Pang und Pong. Martina Serafin, eine der grossen Turandots von heute, kehrt ans Opernhaus Zürich zurück. Sie hat die grausame Prinzessin zuletzt mit grossem Erfolg beim Puccini-Festival in Torre del Lago und zuvor in der Arena di Verona gesungen. Guanqun Yu, die Mimì in unserer Bohème, singt die aufopferungsvolle Liù, Aleksanders Antonenko, zuletzt in Zürich zu erleben als Radames in Aida und Hermann in Pique Dame, singt Calaf. Giampaolo Bisanti übernimmt die musikalische Leitung.
Meine Rolle
Starke Sklavin
Die Sopranistin Guanqun Yu singt am Opernhaus Zürich nach der Mimì bereits ihre zweite Puccini- Rolle: die Liù ist eine ihrer Paraderollen, die sie bereits in Bregenz, an der Met und in Köln mit grossem Erfolg verkörpert hat. Erst kürzlich war sie am Opernhaus Zürich als Elettra in Mozarts «Idomeneo» zu erleben. Guanqun Yu stammt aus Shandong in China und studierte u.a. in Bologna.
Liù ist eine sehr wichtige Rolle in meiner Karriere. Turandot war die erste Oper, die ich überhaupt je gesehen habe, mit José Carreras als Calaf, der die berühmte Arie Nessun dorma am Boden singen musste! Das hat mir damals grossen Eindruck gemacht und mich in meinem Wunsch bestärkt, Opernsängerin zu werden. Sechs Jahre später stand ich dann selber mit José Carreras auf der Bühne, an der Deutschen Oper in Berlin, da wurde ein Traum wahr. Ich selbst habe auch schon Nessun dorma gesungen, vor Tausenden von Leuten in China! Die Tenorpartie aus Turandot kannte ich also noch vor der Partie der Liù …
Die Liù habe ich gerade eben an der Met in der berühmten Zefirelli-Produktion gesungen, zuvor in Köln und bei den Bregenzer Festspielen, wo die grösste Herausforderung der Regen und der hohe Wasserstand des Sees war … Oft kamen wir nicht über den ersten Akt hinaus und mussten immer wieder vor Turandots Auftritt abbrechen und die Vorstellung ins Innere des Hauses verlegen. Nun freue ich mich auf Zürich, wo wir richtig viele Proben haben werden und ich den Dirigenten endlich auch einmal sehen kann! Ich freue mich auf Giampaolo Bisanti, unter dem ich in Zürich bereits die Mimì gesungen habe und der sehr einfühlsam auf die Sänger eingehen kann.
Wie es ist, als Chinesin eine Chinesin auf der Bühne darzustellen? Liù ist keine Chinesin, sie ist Tartarin! Turandot ist Chinesin. Liù und Turandot scheinen mir Puccinis Idealvorstellung einer Frau zu verkörpern. Die eine ist mit Macht und Schönheit ausgestattet, die andere mit einem warmen Herzen. Liù ist von Anfang an aber eine sehr starke Persönlichkeit, obwohl sie diejenige ist, die als Sklavin sozial am schlechtesten gestellt ist. Sie hat zwar nur drei kurze Arien zu singen, muss darin aber sogleich ihre sämtlichen Charaktereigenschaften präsentieren, ihre Mädchenhaftigkeit, ihre Charakterstärke, ihre Bestimmtheit. Stimmlich herausfordernd sind besonders die hohen Töne im ersten Akt, die alle im Pianissimo stehen und verschiedene Farben haben müssen. Hier ist es wichtig, die Akustik des Hauses genau zu kennen.
Liùs uneigennützige Liebe zu Calaf ist für mich vergleichbar mit der Liebe von Jesus. Diese Selbstlosigkeit beeindruckt mich: Normalerweise wollen wir doch immer etwas zurückbekommen, wenn wir jemanden lieben. Ihre Liebe zu Calaf macht sie so stark, dass sie ganz genau weiss, was sie tun muss. Wenn du liebst, brauchst du dich vor nichts zu fürchten! Sie bleibt auch unter Folter standhaft und verrät Turandot den Namen Calafs nicht. Das beeindruckt Turandot zutiefst, und letztendlich ist es Liù, die Turandots kaltes Herz zum Schmelzen bringt. Turandot lernt durch Liù, dass Liebe nicht negativ sein muss und Hass nichts bewirkt. Wenn sich Liù umbringt, sind alle erschüttert, und die Musik ist unglaublich berührend. Puccini hat nach den Worten «Liù – Poesia» zunächst einmal aufgehört, weiter zu komponieren; wenig später ist er dann gestorben. Die Oper blieb unvollendet. Die Schlussversionen von Alfano und Berio sind für mich unbefriedigend, und ich verstehe sehr gut, warum Toscanini die Oper bei der Uraufführung mit Liùs Tod enden liess …
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 58, April 2018.
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