Serse
Dramma per musica in drei Akten von Georg Friedrich Händel (1685-1759)
Unbekannter Librettist nach einem von Silvio Stampiglia bearbeiteten Operntext von Nicolò Graf Minatos
In italienischer Sprache mit deutscher und englischer Übertitelung. Dauer ca. 2 Std. 50 Min. inkl. Pause nach ca. 1 Std. Werkeinführung jeweils 45 Min. vor Vorstellungsbeginn.
Vergangene Termine
Mai 2023
Gut zu wissen
Serse
Kurzgefasst
Serse
«Ombra mai fù» ist eine der beliebtesten Arien aus der Barockzeit und so bekannt wie das «Ave Maria» von Schubert. Dass dieser Evergreen aus Georg Friedrich Händels drittletzter Oper Serse stammt und auch gar nicht so ungebrochen feierlich gemeint ist, wie es zunächst scheint, dürften jedoch die wenigsten wissen. Die Arie steht am Beginn der Oper und zeigt den Herrscher Serse (Xerxes), wie er sich selbstzufrieden der schattigen Schönheit der Natur hingibt. Doch es ist bloss die Ruhe vor dem Sturm. Denn Serses Objekt der Begierde wechselt urplötzlich von einer schattenspendenden Platane auf ein weibliches Wesen: Romilda, die Verlobte seines Bruders Arsamene. In der Folge jagen sich Intrigen und Missverständnisse, und die Akteure – eine betrogene Braut, zwei unglücklich Liebende, eine intrigante Schwester und ein ungeschickter Diener – durchleben das gesamte Gefühlsspektrum von Wut, Eifersucht und Enttäuschung bis zum höchsten Liebesglück. Äusserst facettenreich charakterisiert Händel dabei seine Titelfigur. Serse, der Herrscher, ist in keinem Moment souverän, sondern seinen Begierden und menschlichen Schwächen hilflos ausgeliefert. Die Oper fiel bei ihrer Uraufführung 1738 beim Publikum durch. Heute jedoch zählt Serse zu den beliebtesten Stücken Händels. Am Theater Winterthur spürt die junge Schweizer Regisseurin Nina Russi gemeinsam mit den Mitgliedern des Internationalen Opernstudios dem psychologischen Hintersinn dieses Werks nach, Dirigent ist der griechische Barockspezialist Markellos Chryssicos.
Pressestimmen
«Es gelingt Russi (...) mit modernen Bildern eine moderne Geschichte von modernen Menschen zu erzählen.»
Online Merker, 07.05.2023«Doch die Produktion erreicht das Entscheidende: mit dem Thema einer historischen Oper gegenwartsbezogen zu sein und dabei auch opernfernes und junges Publikum anzusprechen»
NZZ, 12.05.2023«Was die international aufstrebende Regisseurin Nina Russi mit ihrem Inszenierungsteam (…) auf die Bretter wuchtet, ist grosses Kino»
Südkurier, 08.05.2023
Interview
Zwei ungleiche Brüder
Die jungen Talente des Internationalen Opernstudios waren im Mai 2023 mit Georg Friedrich Händels «Serse» (Xerxes) zu Gast am Theater Winterthur, jetzt kommt die Produktion mit neuer Besetzung nach Zürich. «Serse» ist eine Tragikomödie voller Intrigen und Missverständnisse, bei der die Figuren ein enormes Gefühlsspektrum durchleben. Im Gespräch kurz vor der Premiere erläuterten Regisseurin Nina Russi und Dirigent Markellos Chryssicos ihre Herangehensweise an das Stück.
Nina, Händels Oper beginnt damit, dass Serse die Schönheit eines Baumes besingt. Es ist das berühmte Larghetto «Ombra mai fu». Was sagt das über die Oper und ihre Titelfigur aus?
Nina Russi: Das ist ein kurioser Beginn. Der historische Herrscher Xerxes war ja bekannt als skrupelloser Machtmensch. Und hier: Ein Tyrann, der vollkommen bei sich ist und sich an der Schönheit der Natur, an einem Baum ergötzt? Natürlich fragt man sich, wie das zusammengeht. Das hat etwas Tragikomisches und ist auch der Grundton dieser Oper. Tatsächlich war der historische Xerxes nicht nur Machtmensch, sondern eine schillernde, verrückte Persönlichkeit. Die Episode mit der Liebe zur Platane scheint sogar historischen Tatsachen zu entsprechen. Angeblich liess er das Meer auspeitschen und Fussfesseln hineinwerfen, als seine Brücke über den Hellespont nicht hielt. Händel ist aber grundsätzlich nicht am historischen Vorbild interessiert, sondern an den privaten Seiten eines Herrschers, der gewohnt ist, alles zu bekommen und dafür schamlos über Grenzen geht. Händel zeigt diese Figur, wie sie permanent scheitert und sich mit ihren menschlichen Abgründen konfrontiert sieht.
Es ist die Liebe, die den souveränen Herrscher aus dem Konzept bringt.
Nina Russi: Ich würde sagen, zwischenmenschliche Beziehungen überhaupt. Wir sehen Serse nie in der Öffentlichkeit, sondern nur im Verbund mit anderen Figuren, mit denen es ihm schwerfällt, eine Beziehung auf Augenhöhe zu führen. Aber nur so ist wahre Liebe möglich. Das ist wahrscheinlich auch die geheime Botschaft dieser Oper, die so leicht und luftig und gleichzeitig tiefsinnig daherkommt wie ein Stück von Shakespeare und bereits auf die Opern Mozarts vorausweist.
Worum geht es denn in dieser Geschichte? Kann man sie überhaupt nacherzählen?
Nina Russi: Das ist im Detail ähnlich kompliziert wie bei Le nozze di Figaro. Wer gerade welchen Wissensstand aufgrund welchen Briefes hat, die vielen Missverständnisse, Intrigen und Verwechslungen, ist verwirrend. Im Grunde genommen ist es aber eine ziemlich traurige Familiengeschichte zwischen zwei Halbbrüdern, Serse und Arsamene, und den beiden Schwestern Romilda und Atalanta. Arsamene und Romilda sind ein Paar, aber Serse setzt sich in den Kopf, Romilda zu erobern, und Atalanta versucht, ihrer Schwester den Freund auszuspannen. Dann gibt es noch Amastre, Serses Ex-Verlobte, sowie Elviro, den schrägen Kumpel von Arsamene. Ariodate, der Vater der beiden Schwestern und ehemaliger Angestellter von Serse, bringt auch einiges durcheinander. Es sind nur sieben Personen, aber es werden sämtliche denkbaren Figurenkonstellationen durchgespielt, und das in einem rasenden Tempo. Manchmal fühlt man sich wie in einer Stegreifkomödie, so schnell wechseln die Situationen.
Markellos, wie sieht diese Stegreifkomödie auf der musikalischen Ebene aus?
Markellos Chryssicos: Dazu möchte ich vorausschicken, dass sich Händel in der Zeit des Serse an einem künstlerischen und ökonomischen Scheideweg befand. Sein Opernunternehmen ging Pleite, das Londoner Publikum verlor allmählich das Interesse an der Opera seria, wie sie dreissig Jahre lang zu erleben war. Händel musste sich neu erfinden und schrieb nach Serse ja dann auch seine grossen Oratorien. Zur Zeit der Komposition von Serse war Händel sehr von der Beggars’ Opera von Pepusch und Gay inspiriert, die einen enormen Einfluss auf das damalige Musikleben in London hatte. Darin verlor die klassische, starre Form der da-Capo-Arie ihre Vorrangstellung, vielmehr standen jetzt kurze Nummern, Volksweisen und Volkslieder im Zentrum. Die Tendenz zu kürzeren Formen lässt sich auch bei Serse beobachten, auch wenn Händel die da-Capo-Arien nicht ganz abschafft, sie aber doch oft auffällig kurz gestaltet. Es gibt in Serse viele Ariosi-Formen oder Nummern, die ganz ohne musikalische Einleitung auskommen. Diese Formenvielfalt mag den Eindruck von etwas Improvisiertem erwecken oder eben von einer Stegreifkomödie. Ich sehe darin auch eine Abkehr vom Elitären, hin zu mehr Volksverbundenheit, gerade auch in den Buffo-Elementen dieses Stücks.
Nina Russi: Auffällig ist auch, dass es nicht mehr soviele Rezitative gibt und die Handlung zuweilen sogar in den Arien vorangetrieben wird. Die Sprache des Librettos ist sehr direkt und einfach, im besten Sinne. Ich kenne das so von keiner anderen Händel-Oper.
Jedenfalls unterscheidet sich Serse sehr von Händels drei Jahre zuvor entstandener Magic-Opera Alcina, die mit viel aufwändigem Bühnenzauber gezeigt wurde. Sämtliche Vorgänge – erotische Verführung oder das Spiel mit den Geschlechtern – geschehen dort unter dem Deckmantel der Zauberei…
Nina Russi: Händels Serse kommt ganz ohne barocken Theaterzauber aus. Manchmal sind die theatralen Situationen sogar beinahe Alltagssituationen nach empfunden. Für mich sind das allesamt sehr heutige Figuren, es sind moderne Konstellationen, und es werden heutige Themen verhandelt. Das hat mich von Anfang an fasziniert. Es war für uns als Team klar, dass wir diese Geschichte mit modernen Mitteln und modernen Menschen erzählen wollen. Es sind junge Menschen, die auf Identitätssuche sind, dabei tiefe Sehnsucht haben nach Liebe und der Erfüllung ihres Begehrens. Händel zeigt in jedem Moment: Verliebt zu sein ist ein Ausnahmezustand. Serses Leidenschaft macht ihn zum Beispiel geradezu blind gegenüber allen und allem. So kann man durchaus verstehen, warum Serse seine von ihm verstossene Verlobte Amastre nicht erkennt, als sie in einer Tarnidentität wieder die Nähe zu ihm sucht.
Markellos, die unterschiedlichen Arien kommen mir wie ein buntes Kaleidoskop vor. Welche Farbe hat Serse, wie ist er musikalisch charakterisiert?
Markellos Chryssicos: Das kann man so nicht sagen. Ich gehöre zu denjenigen, die behaupten, dass die psychologische Grundierung eines Charakters in der Identität und Tiefe, wie wir sie von Figuren in späteren Opern kennen, im Barockzeitalter so noch nicht existiert. Die Arien sind eher Gefässe und daher auch oft austauschbar. Die berühmte Arie «Lascia ch’io pianga» aus Rinaldo hat Händel zum Beispiel aus seiner früheren Oper Il trionfo del tempo e del disinganno eins zu eins übernommen und einfach nur den Text geändert. Selbst die sogenannte Tonartencharakteristik schien für Händel keine Rolle zu spielen: War eine Arie für einen Sänger oder eine Sängerin zu hoch, transponierte er sie einfach um einen Ton tiefer. Händel war da sehr pragmatisch.
Nina Russi: Die beiden Brüder Serse und Arsamene zum Beispiel sind in ihren Arien aber doch auch musikalisch gezeichnet und voneinander abgegrenzt. Arsamene hat auffällig viele langsame, tiefe Arien, die auf einen eher depressiven, melancholischen Charakter hinweisen. Deshalb ist Arsamene in unserer Inszenierung ein Singer-Songwriter, ein Künstlertyp, der immer wieder mit sich hadert und an allem zweifelt. Er leidet sehr unter der Rivalität mit seinem Halbbruder und ist sich nicht sicher, ob ihm Romilda wirklich die Treue hält, nachdem ihn sein Bruder aus dem Haus gejagt hat. Im Gegensatz zu Serse ist Arsamene viel reflektierter, tiefgründiger, und er ist eindeutig der Sympathieträger des Abends.
Markellos Chryssicos: Für dich als Regisseurin ist es natürlich wichtig, einen starken dramaturgischen Rahmen zu setzen, um den Vorgängen auf der Bühne Plausibilität zu verleihen und die Charaktere lebendig werden zu lassen. Das ist richtig und schön – und hilft letztlich auch der musikalischen Interpretation. Denn es gibt unendlich viele Möglichkeiten, diese Musik zum Leben zu erwecken.
Händel standen ganz bestimmte Sängerinnen und Sänger zur Verfügung, denen er die Partien auf den Leib schrieb. Das waren ja auch sehr spezifische Charaktere …
Markellos Chryssicos: Natürlich. Händel schrieb für die Gesangsstars der damaligen Zeit. Als Serse hatte er den berühmten Kastraten Caffarelli, als Romilda die Francesina, die später auch vielen Händel-Oratorien ihren Stempel aufdrücken sollte. Das ging meistens sehr gut. Wenn es eine Wiederaufnahme gab und die Besetzung wechselte, machte Händel kleinere Änderungen, aber nicht mehr allzu grosse. Seine kreative Energie steckte er jeweils in die Uraufführungen. Aber er verfuhr dabei, wie gesagt, sehr pragmatisch. Der romantische Geniebegriff greift bei Händel jedenfalls nicht, Händel war auch Unternehmer und sah sich mit vielen täglichen Theaterproblemen konfrontiert. Es gibt dieses wunderbare Buch von Benedetto Marcello mit dem Titel Il teatro alla moda. Darin beschreibt er höchst unterhaltsam, wie das Theater damals funktionierte, und gibt Künstlerinnen und Künstlern viele Tipps. Einem Kostümbildner empfiehlt er beispielsweise, ein Kostüm erst in letzter Minute zu zeigen, da sich die Sänger anderenfalls beschweren und Änderungen verlangen könnten. Die Probleme haben sich bis heute nicht verändert... Dennoch: Wenn wir eine Zeitreise ins Barockzeitalter unternehmen würden, wären wir überrascht, wie damals Oper gemacht und rezipiert wurde. Das hat rein gar nichts damit zu tun, wie wir heute mit diesen Werken umgehen.
Wir haben bei Serse einiges gestrichen. Hattest du dabei keine Skrupel?
Markellos Chryssicos: Ich bin grundsätzlich ein sehr unmoralischer, skrupelloser Charakter... Aber nochmals: So wie wir heute drei Stunden still auf unserem Stuhl sitzend einer Oper in beinahe sakraler Stimmung zuhören, wurde Oper im Barockzeitalter nicht erlebt. Die Leute gingen rein und raus, assen und tranken während der Vorstellung. Es ging darum, Spass zu haben – was damals gar nicht so einfach war. Heute können wir den Fernseher anmachen, ins Kino gehen, Videogames spielen... Wenn Händel für spätere Wiederaufnahmen Striche machte, waren das oft gar nicht so überzeugende, kohärente Striche. Ich glaube, der Barockmensch Händel hätte nichts gegen unsere Fassung einzuwenden.
Markellos, du arbeitest mit den jungen Sängerinnen und Sängern des Internationalen Opernstudios. Sie alle sind unterschiedlich weit in ihrem künstlerischen Werdegang und bringen unterschiedliche Erfahrungen im Barockgesang mit. Was ist für dich die Hauptaufgabe in der Arbeit mit ihnen?
Markellos Chryssicos: Selbst wenn jemand bereits Erfahrung in Barockmusik hat, muss das noch nichts heissen. In der sogenannten historisch informierten Praxis gibt es sowieso unterschiedliche Schulen. Für mich ist bei der Interpretation barocker Musik eine Sache sehr zentral: das Timing, das rasche Aufeinander-Reagieren mit Ohr und Auge. Das ist etwas, was in der klassischen Musik meistens viel zu kurz kommt. Hier könnten wir viel von Jazz, Folk und Rock lernen. Wie genau ist eine Note mit einem Konsonanten verbunden, der dieser Note vorausgeht? Wie steht ein gesungener Ton in Bezug zum Continuo oder zum Orchester? Was ist die Beziehung zwischen der Länge eines Tones und einer Silbe des Textes? Das sind die Nuancen, die barocke Musik lebendig machen. Es gibt eine Stelle in Prousts Recherche, in der eine der Figuren, anstatt sich über die Natur zu erfreuen, blühenden Blumen oder singenden Vögeln zuzuschauen, ihrer Begeisterung über die Schönheit einer Lokomotive Ausdruck verleiht, über deren Kraft, den vollkommen regelmässigen Rhythmus, ihre Unaufhaltsamkeit. Ich verstehe, dass man von einer Lokomotive fasziniert sein kann, aber sie verkörpert genau das Gegenteil zur Ästhetik des Barocks, für den eben genau die Unregelmässigkeit in den Betonungen wichtig war, die Variation, die Flexibilität. Das versuche ich den jungen Sängerinnen und Sängern zu vermitteln.
Das Gespräch führte Kathrin Brunner
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 101, April 2023.
Das MAG können Sie hier abonnieren.
Fotogalerie
Ich sage es mal so
Stumme Antworten auf grundsätzliche Fragen – mit Simone McIntosh, die in «Serse» die Rolle des Arsamene singtIch sage es mal so ist eine neue Interviewform in unserem MAG, in der Künstlerinnen und Künstler des Opernhauses - nach einer Idee des SZ-Magazins - in Form eines Fotoshootings Auskunft über sich geben
Volker Hagedorn trifft...
Siena Licht Miller
Siena Licht Miller singt in der Neuproduktion von Händels «Serse» die Titelrolle. Die deutsch-amerikanische Mezzosopranistin war 2020/21 Mitglied des Internationalen Opernstudios in Zürich und gehört seit dieser Spielzeit zum Ensemble des Opernhauses Zürich. Sie war hier u.a. in «L’italiana in Algeri», «Monteverdi», «Das Rheingold» (Flosshilde), «Barkouf», «Salome», «Anna Karenina» und «Lakmé» zu hören.
Sie kniet da und beschmiert sich mit Farbe. Mit schwarzer. Das weisse Gewand, den Körper, die blonden Haare, komplett. Oder anders gesagt, er tut das, Serse, Xerxes, Händels verzweifelter, schier wahnsinniger Perserkönig in seiner letzten Arie «Crude furie degli orridi abissi», 1738 für einen Kastraten geschrieben. Jetzt ohne Ton, im Smartphone. Es ist nicht gerade die Sorte Video, die man sich sonst neben dem Capuccinobecher bei Starbucks anschaut. «Das haben wir gestern gedreht», sagt Siena Licht Miller, nun ohne Farbe im Haar und nicht im Geringsten verzweifelt. «Es muss hinterher eine Menge Duschwasser gekostet haben», meine ich. «Yes, it did...» Sie lacht. Die 28-jährige Mezzosopranistin ist an Extreme gewöhnt und an Sprünge zwischen den Bühnenwelten. Noch vor einer halben Stunde stand sie im Probensaal am Kreuzplatz neben Sabine Devieilhe und sang mit ihr das weltberühmte Blumenduett aus Lakmé.
Siena, neuerdings fest im Ensemble der Oper Zürich, wird hier praktisch für jeden Stil besetzt, von Monteverdi bis Verdi, von Rossini bis Wagner, von Offenbach bis Strauss. Eine hochgewachsene, heitere Frau, die nach zwei Minuten das «Sie» über Bord wirft und darum bittet, «Denglisch» sprechen zu dürfen. Deutsch ist zwar, im wahrsten Sinn, ihre Muttersprache, aber im Amerikanischen fühlt sie sich eher zu Hause. Sie kam in Portland zu Welt, im US-Bundesstaat Oregon an der Pazifikküste, wohin ihre deutsche Mutter mit 25 Jahren zog. «Die Eltern meiner Mutter haben ein Haus in der Toscana, in der Nähe von Siena, und mein Vater ist zur Hälfte Italiener, also waren wir früher jeden Sommer dort. Mein Name repräsentiert alles, was ich bin.» Sie lacht. Und der Vorname «Licht» passt schon auf den ersten Blick.
Er könnte auch für das stehen, was ihr Zürich bedeutet – ein Anruf von hier erwies sich vor drei Jahren als Rettung ihrer Sängerlaufbahn. Da befand sich Siena in Portland und sah zu, wie alles dichtmachte, eine amerikanische Opernbühne nach der anderen. Bühnen, von denen es ohnehin nicht sehr viele gibt und die, weitgehend auf private Förderer angewiesen, keine ihrer Musikerinnen und Sänger vor dem Abgrund schützen konnten, der sich durch «the pandemic» auftat. Für viele wurde Covid der Sargnagel einer ohnehin prekären Existenz. Aber diese junge Sängerin hatte etwas in der Tasche, was für ihre künstlerische Zukunft ähnlich wichtig war wie ein Visum für Emigranten – einen Vertrag mit dem Opernstudio in Zürich.
«Im Januar 2020 kurz vor Covid», sagt sie, «kam ein Anruf aus Zürich, sie suchten jemanden für das Opernstudio. Ich hatte Jahre zuvor an einem Vorsingen im Curtis Institute in Philadelphia teilgenommen für einen Platz in Zürich, jetzt sollte ich hinfliegen und noch einmal vorsingen. Aber ich kam nicht weg und schickte stattdessen ein Video.» Sie wählte eine Arie des Nicklausse aus Hoffmanns Erzählungen. «Ich bekam den Job und musste alles absagen, was ich in Amerika hatte. Aber etwas in mir sagte, du musst gehen. And then the world shut down. And thank God I came to Zürich. Ich weiss nicht, ob ich sonst noch singen würde.» Es entbehre nicht der Ironie, sagt sie, dass gerade Offenbachs «Geigenarie» ihr den Weg nach Europa öffnete. Eine Arie, in der Nicklausse den Klang der Violine, die dazu spielt, mit dem Liebesschmerz vergleicht, über den dieser Klang auch hinwegtrösten kann.
Denn Geigerin ist Siena selbst einmal gewesen. Sie hat das gleich zu Beginn des Gesprächs erzählt, als wolle und müsse sie es hinter sich bringen. Die Tochter eines Osteopathen und einer Psychotherapeutin wollte schon mit fünf Jahren unbedingt Geige spielen, und es erwies sich, dass sie neben viel Talent auch ein aussergewöhnliches Gedächtnis hatte. «Ich konnte kaum Noten lesen, aber nach einmaligem Hören einen 20 Minuten langen Konzertsatz von Mozart nachspielen.» Was sie ausserdem liebte,war Skifahren in den Bergen Oregons. Mit 15 Jahren hatte sie einen Skiunfall, bei dem sie den grösseren Teil ihres Gedächtnisses verlor, dazu die Reflexe für die Feinmotorik. «Nur mein musikalisches Gedächtnis war komplett intakt. Ich konnte mir nicht merken, was man mir gerade gesagt hatte, aber ich konnte mir ein 40 Minuten langes Stück Musik aufrufen.»
Der Neurologe Oliver Sacks hat in seinem Buch Der einarmige Pianist beschrieben, wie so etwas zustande kommt. Musikalische Strukturen werden jenseits des episodischen Gedächtnisses verarbeitet, eine grosse Rolle spielt dabei das geschützt liegende Kleinhirn, entwicklungsgeschichtlich uralt. Sacks erzählt, wie die gespeicherte Musik zum Seil werden kann, an dem Patienten aus dem Abgrund von Vergessen hochklettern können. Bei Siena ist das besonders gut gegangen. «Ich sang, zuerst mehr als Teil der Therapie, das war heilsam. Ich fühlte mich dadurch mit allem mehr verbunden und auch intelligent. Meine Intelligenz stellte ich nämlich sehr in Frage.»
Auch wenn sich nach und nach der Rest des Gedächtnisses wieder einfand, «Geige konnte ich nicht mehr so spielen, wie ich das wollte. Und ich erinnere mich, dass, als ich singen zu lernen begann, die Reaktion der Leute voller Freude war. A powerful feeling. Und dann blieb ich kühn genug, um immer mehr zu erkunden.» Mit 18 Jahren begann Siena Gesang zu studieren, am Oberlin Conservatory im Bundesstaat Ohio, Psychologie und deutsche Literatur kamen dazu. Mit 21 wechselte sie ans elitäre Curtis Institute of Music in Philadelphia an der Ostküste, wo nur 2 Prozent aller Bewerber Studienplätze bekommen. Um ihr Stimmfach machte sie sich nicht viele Gedanken. «Ja, ich bin Mezzo, aber ich sehe mich lieber als Siena, die guckt, was zu ihrer Stimme passt. Ich identifiziere mich mit dem speziellen Mezzo-Temperament. Wir haben diesen üppigen Unterton wie die Viola, mein Lieblingsinstrument. Und wir müssen alles sein können, ein troublemaker, ein Junge. Die Charaktere, die ich spiele, geben mir die Möglichkeit, Gefühle auszudrücken, die ich sonst für mich behielte. Weil ich von der Geige kam, war da anfangs auch eine differierende Identität, ich sah mich nicht immer als Sängerin. Das hat Peter Sellars sehr gut verstanden, bei ihm fühlte ich zum ersten Mal, es ist Platz für mich in der Welt der Oper.»
Mit Regisseur Sellars gestaltete sie 2019 in Santa Fe als Einspringerin die Kitty Oppenheimer in John Adams’ Doctor Atomic. «Es ging bei den Proben auch um das Aufeinanderzugehen, die Energie in der Gruppe. Musiker sind so empfindlich, über so etwas sprechen wir nicht genug. Es gibt eine Intimität im Probenraum, und die besten Regisseurinnen und Dirigenten nehmen das sehr ernst.» Zu denen gehört für Siena auch Nina Russi, die Regisseurin von Serse. «Alles muss menschlich sein bei ihr, ehrlich und echt. Es ist wirklich kathartisch, wenn wir arbeiten, weil es so ehrlich ist, und das ist anstrengend! Aber wenn du aufrichtig bist, verstehen die Zuschauer alles, ohne irgendetwas über das Stück wissen zu müssen. Manchmal wünschte ich, ich wüsste selbst gar nichts über diese Kunstform, sässe nur im Publikum und beobachtete meine Reaktion im Innersten, ohne all das wie singen sie?»
Eine der wichtigsten Quellen für ihre Arbeit ist die Natur, «für mich besonders die Berge. Ich kann ohne Berge gar nicht singen», sagt sie. «Es ist schwer zu erklären, aber die Berge und die Musik haben eine Menge gemeinsam. Wir gehen da hinein auf der Suche, um uns selbst besser zu verstehen, und werden konfrontiert mit den grössten Freuden und den tiefsten Sorgen. Die Berge haben mich in meinem Schlimmsten und in meinem Besten gesehen, und dasselbe ist es mit der Musik. Wenn ich in den Bergen war und in der Stille gelebt und diese Luft geatmet habe, ist da eine Ruhe in mir, in der ich wieder bereit bin für Musik. Manchmal verfolgen mich auch Reste einer Bühnengestalt zu sehr, mit der ich mich verbunden habe. Die werde ich in den Bergen wieder los.»
Wird irgendwann auch der Perserkönig dazugehören? «To connect with Serse, das war nicht immer leicht. Aber er beginnt die Oper, indem er einen Baum besingt: Ombra mai fu. Ich glaube, die Natur findet mich immer!»
Das Gespräch führte Volker Hagedorn.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 101, April 2023.
Das MAG können Sie hier abonnieren.
Die Figuren
Synopsis
Serse
Serse, eigenwilliger und reicher Geschäftsmann, findet seinen Seelenfrieden beim Anblick eines Baumes. Er ist verlobt mit Amastre. Ihrer überdrüssig geworden, wählt er schon bald Romilda als neues Objekt der Begierde, deren Stimme ihn verzaubert hat. Er will sie um jeden Preis besitzen und befiehlt Arsamene, die Verbindung zu arrangieren.
Arsamene, Bruder von Serse, ist seit kurzem mit Romilda zusammen und hat seine Liebe zunächst geheim gehalten. Da er Serses Befehl nicht ausführt, weil er als Rivale von Serse nicht von Romilda lassen will, entzieht ihm Serse das Wohnrecht.
Romilda hält Arsamene die Treue. Die Liebesverirrungen und -verwirrungen bringen sie nicht von ihrem Weg ab.
Atalanta, Romildas Schwester, liebt Arsamene und will ihn mit allen Mitteln ihrer Schwester ausspannen und für sich gewinnen. Zur Not auch mit Lügen und abgefangenen Briefen. Sie versucht Romilda von den Vorzügen Serses zu überzeugen.
Amastre, Serses verstossene Verlobte, sucht unter einer anderen Identität auch weiterhin die Nähe von Serse. Sie hofft, dass er bald reuevoll zu ihr zurückkehrt.
Ariodate, Vater der beiden Schwestern, ist nur allzu gerne bereit, Romilda mit jemandem aus Serses Familie zu verheiraten. Er glaubt, Serse wolle, dass Romilda Arsamene heirate und vermählt die beiden miteinander – zum grossen Entsetzen von Serse.
Elviro, bester Kumpel von Arsamene, plaudert Amastre die ganze Geschichte von der Dreiecksbeziehung Serse-Romilda-Arsamene aus. Einen Liebesbrief von Arsamene an Romilda händigt er fatalerweise an Atalanta aus.
Biografien
Markellos Chryssicos, Musikalische Leitung
Markellos Chryssicos
Markellos Chryssicos studierte das Cembalo in Athen und anschliessend in Paris, Salzburg und Genf. Seitdem tritt er regelmässig in grossen Sälen als Solist und als Continuospieler auf. Als musikalischer Assistent und Gesangscoach nahm er an verschiedenen Aufzeichnungen und Produktionen teil, u.a. Tamerlano, Baroque Divas und Arminio. Er gründete ausserdem das Latinitas Nostra Ensemble für frühe Musik, welches ungewöhnliche musikalische Kombinationen präsentiert, in Projekten wie An English Traveller into the Levant mit Musik aus Elisabethanischer Zeit und aus dem Ottomanenreich. Als Dirigent arbeitet er oft mit Armonia Atenea, mit dem State Symphony Orchestra of Athens, dem State Symphony Orchestra of Thessaloniki und mit dem Irish Baroque Orchestra zusammen. Seine Diskografie umfasst L’Olimpiade, welche mit dem Classica Preis ausgezeichnet wurde und I Dilettanti mit dem spanischen Countertenor Xavier Sabata, welches mit dem Melomano de Oro ausgezeichnet wurde.
Nina Russi, Inszenierung
Nina Russi
Die Schweizer Regisseurin Nina Russi wurde 2019 für den Leonard-Bernstein-Doppelabend Trouble in Tahiti / A Quiet Place am Theater Aachen mit dem Götz-Friedrich-Preis ausgezeichnet und war 2020 mit einem Konzept zu Don Giovanni Semifinalistin beim Ring Award in Graz. Zu ihren Regiearbeiten zählen Alcina am Staatstheater Darmstadt, Elektra sowie Janáčeks Die Sache Makropulos am Mainfrankentheater Würzburg, La traviata am Konzert Theater St. Gallen und Vivaldis Bajazet (Il Tamerlano) am Staatstheater Nürnberg. Am Opernhaus Zürich inszenierte sie Mark-Anthony Turnages Fantasy-Oper Coraline, die Uraufführung der Kammeroper Der Traum von Dir von Xavier Dayer sowie die beiden zeitgenössischen Kinderopern Die Gänsemagd von Irister Schiphorst und Gold! von Leonard Evers. Die Uraufführung der Familienoper Reise nach Tripiti brachte sie in Winterthur und Bern auf die Bühne. Als Stipendiatin nahm sie an internationalen Regieprogrammen teil: International Summer Arts Program in Watermill (NY) unter der künstlerischen Leitung von Robert Wilson; Directors Lab am Lincoln Theater Center in New York; Internationales Forum beim Berliner Theatertreffen und Stipendiatenprogramm der Richard-Wagner-Stiftung bei den Bayreuther Festspielen. Ein Regiestipendium des European Network of Opera Academies brachte sie ans Teatr Wielki in Warschau sowie ans Festival in Aix-en-Provence. Sie war Teilnehmerin beim Woman Opera Makers Workshop mit Katie Mitchell beim Festival in Aix-en-Provence. Seit vielen Jahren ist sie dem Opernhaus Zürich als Spielleiterin und Regieassistentin verbunden.
Julia Katharina Berndt, Bühnenbild
Julia Katharina Berndt
Julia Katharina Berndt stammt aus Hamburg und studierte zunächst angewandte Theaterwissenschaften an der Universität von London. Anschliessend machte sie eine Ausbildung zur Kostüm- und Bühnenbildnerin im Motley Theatre Design Course unter Alison Chitty. In der freien Szene in London arbeitete sie u. a. für Edward Bond und Mark Ravenhill, deren Inszenierungen vor allem ortspezifisch und interaktiv/performativ geprägt sind. Ihre Arbeit mit dem Künstlerkollektiv «non zero one» wurde mit einem Off West End Award ausgezeichnet. Seit 2012 ist Julia Katharina Berndt wieder in Deutschland ansässig und übernahm Assistenzen für Katrin Brack, Ene-Liis Semper, Stéphane Laimé und Ben Baur. Gleichzeitig entstanden erste eigene Arbeiten in Hamburg, Berlin und Hannover. Seit 2016 ist sie freischaffende Bühnen- und Kostümbildnerin für Oper, Schauspiel und Film. 2017 und 2020 war sie Semifinalistin des Ring Awards. Für ihr Bühnenbild für Nixon in China wurde sie 2018 von der Opernwelt als Nachwuchskünstlerin des Jahres nominiert. Für ihre Kostüme für La divisione del mondo folgte 2019 eine Nominierung für das Kostümbild des Jahres. Sie entwarf u.a. das Kostümbild für Adriana Lecouvreur und für Roméo et Juliette am Teatro del Maggio Musicale in Florenz, für I Capuleti e i Montecchi und Die Sache Makropulos am Mainfranken Theater Würzburg, für Il barbiere di Siviglia an der Norske Opera in Oslo sowie das Bühnenbild für La traviata am Theater St. Gallen und für Katja Kabanowa an der Komischen Oper Berlin. Künftige Projekte umfassen Kostüme für Nabucco an der Oper Köln und Madama Butterfly am Staatstheater Cottbus.
Annemarie Bulla, Kostüme
Annemarie Bulla
Annemarie Bulla studierte Kostümbild an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Während ihres Studiums war sie Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes e.V. Von 2012 bis 2015 arbeitete sie als Ausstattungsassistentin am Staatstheater Nürnberg. Seit der Spielzeit 2015/16 ist Annemarie Bulla freischaffend als Kostüm- und Bühnenbildnerin tätig, so u.a. am Birmingham Repertory Theatre, am Theater an der Wien, am Staatstheater Mainz, am Theater St. Gallen und am Theater Aachen. Hier arbeitete sie mit den Regisseur:innen Calixto Bieito, Marcos Darbyshire und Lucia Astigarraga. Eine regelmässige Zusammenarbeit verbindet sie mit der Regisseurin Barbora Horàkovà Joly. Gemeinsam wirkten sie am Nationaltheater Mannheim («Dark Spring»), an der Staatsoper Prag («Rigoletto»), an den St. Gallener Festspielen («Giovanna d'Arco») und an der Semperoper Dresden («Der goldene Drache» und «La traviata»). In der Regie von Nina Russi entstanden am Theater Aachen der Bernstein-Doppelabend «Trouble in Tahiti» / «A Quiet Place», welcher 2019 mit dem Götz-Friedrich-Regiepreis ausgezeichnet wurde, sowie Vivaldis Barockoper «Bajazet» / «Il tamerlano» am Staatstheater Nürnberg. Weitere Produktionen führen Annemarie Bulla u.a. an die Staatsoper Berlin und das Deutsche Nationaltheater Weimar.
Ruth Stofer, Video
Ruth Stofer
Ruth Stofer studierte Kunst und Medien an der Zürcher Hochschule der Künste. Nach ihrem Masterabschluss im Jahr 2010 arbeitete sie als Videotechnikerin am Schauspielhaus Zürich und wirkte bei zahlreichen Theaterstücken mit. 2012 entwickelte sie das Videodesign für Ruedi Häusermanns Stück Vielzahl leiser Pfiffe. Seit 2016 ist Ruth Stofer selbständig und entwickelte zahlreiche Videodesigns für Oper und Schauspiel mit und für Jan Bosse, Eva-Maria Höckmayr, Karin Henkel, Chris Kondek, Christof Loy, Volker Lösch und doubelucky productions. Dabei arbeitete sie u.a. an den Münchner Kammerspielen, an der Oper Zürich, an der Oper Frankfurt, am Theater Basel, an der Opéra national de Lorraine, an der Oper Bonn, am Mousonturm Frankfurt, am Schauspiel Leipzig sowie am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und dem Schauspielhaus Zürich. Neben ihrem Wirken am Theater verfolgt Ruth Stofer stets ihre eigene künstlerische Arbeit, oft gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Rebecca als Künsterinnenduo stofer&stofer. 2017 erarbeitete sie mit stofer&stofer und Veronica Rodriguez die Multimedia-Performance Guts Reloaded und tourte damit in New York, Chicago und Detroit. Die Performance Candied Dreams wurde 2022 in derselben Formation in Chicago und Luzern gezeigt. Das Duo stofer&stofer beteiligte sich an zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland und gewann Werkbeiträge und Atelierstipendien in Paris und Chicago.
Kathrin Brunner, Dramaturgie
Kathrin Brunner
Kathrin Brunner wurde in Zürich geboren. Sie studierte in ihrer Heimatstadt sowie an der Humboldt-Universität Berlin Germanistik, Musikwissenschaft und Französisch. Nach diversen Regiehospitanzen (u.a. Die Dreigroschenoper am Luzerner Theater; Regie: Vera Nemirova) und Dramaturgiehospitanzen ist sie seit 2008 Dramaturgin am Opernhaus Zürich. Hier arbeitete sie u.a. mit Regisseur:innen wie Achim Freyer (Moses und Aron), Harry Kupfer (Die Meistersinger von Nürnberg, Tannhäuser), Stephan Müller, Guy Joosten, Damiano Michieletto, Christof Loy (La straniera, Alcina, I Capuleti e i Montecchi, Don Pasquale, La rondine), Willy Decker (Il ritorno d'Ulisse in patria, The Turn of the Screw), Andreas Homoki (Wozzeck, Das Land des Lächelns, La forza del destino), Christoph Marthaler (Il viaggio a Reims, Orphée et Euridice), Barrie Kosky (Die Gezeichneten, Boris Godunow), Nadja Loschky, Nina Russi, Jan Essinger und Jetske Mijnssen (Idomeneo, Hippolyte et Aricie, Platée). Bei den Salzburger Festspielen 2012 erarbeitete sie La bohème mit Damiano Michieletto. Während der Corona-Pandemie war sie Co-Gründerin der Konzertreihe Altchemie live in der Alten Chemie Uetikon (https://www.altchemie.live).
Siena Licht Miller, Serse
Siena Licht Miller
Siena Licht Miller, deutsch-amerikanische Mezzosopranistin, studierte am Curtis Institute of Music und am Oberlin Conservatory of Music Gesang. Sie vervollständigte ihre Ausbildung mit Kursen an der Opera Philadelphia, der Santa Fe Opera, dem Opera Theatre of St. Louis und beim Aspen Music Festival. Sie ist Stipendiatin der Bagby Foundation, Preisträgerin der Metropolitan Opera National Council Auditions, der Marilyn Horne Rubin Foundation und der Gerda Lissner Foundation. Höhepunkte ihrer bisherigen Karriere waren die Rollendebüts als Hermia in A Midsummer Night’s Dream, Zweite Dame in Die Zauberflöte und eine der zwei Solopartien in der Uraufführung von Denis and Katya von Philip Venables an der Opera Philadelphia. Am Aspen Opera Center sang sie die Titelrolle in Ravels L’Enfant et les sortilèges unter der Leitung von Robert Spano. Regelmässig widmet sie sich zudem dem Liedgesang. So sang sie bei der Reihe The Song Continues in der Carnegie Hall zur Feier ihrer Mentorin Marilyn Horne und ging mit einem Rezital zusammen mit dem Pianisten Kevin Murphy auf Tournee durch die USA. In der Spielzeit 2020/21 war sie Mitglied des Internationalen Opernstudios in Zürich und sang hier u.a. in Maria Stuarda, Simon Boccanegra, Viva la mamma, Salome, Odyssee, im Ballett Monteverdi, in L’italiana in Algeri sowie Flosshilde in Das Rheingold. Seit der Spielzeit 2022/23 gehört sie zum Ensemble des Opernhauses Zürich und war hier jüngst in Barkouf, Salome, Anna Karenina, Lakmé, La rondine, Die Walküre und Götterdämmerung zu erleben. Ausserdem sang sie am Theater Winterthur die Titelpartie in Händels Serse.
Simone McIntosh, Arsamene
Simone McIntosh
Die schweizerisch-kanadische Mezzosopranistin Simone McIntosh studierte an der University of British Columbia und an der McGill Schulich School of Music. Sie ist Absolventin des Adler Fellowship Program der San Francisco Opera und des Ensemble Studio der Canadian Opera Company. Ausserdem war sie Stipendiatin der Merola Opera, des SongFest, des Toronto Summer Music Festival und des Banff Centre of the Arts. Von 2022 bis 2023 war sie Mitglied des Internationalen Opernstudios am Opernhauses Zürich. Sie war 2023 Finalistin bei der BBC Cardiff Singer of the World Competition, erste Preisträgerin des Concours musical international de Montréal, zweite Preisträgerin und «Beste Mezzosopranistin» beim Gesangswettbewerb «Die Meistersinger von Nürnberg» und 2022 Empfängerin des Igor Gorin Memorial Award. Ihr Opernrepertoire umfasst Rollen wie Cherubino (Le nozze di Figaro), Ruggiero (Alcina), Arsamene (Serse), Hänsel (Hänsel und Gretel), die Titelrolle in La Cenerentola, Anna (Rossinis Maometto II), Rosina (Il barbiere di Siviglia), Zerlina (Don Giovanni), Dorabella (Così fan tutte), Tamiri (Mozarts Il re pastore) und Meg in Mark Adamos Little Women. Zu ihrem Konzertrepertoire gehören Messiaens selten aufgeführter Liederzyklus Harawi sowie die Motetti di Montale des amerikanischen Komponisten John Harbison. Sie sang ausserdem Alban Bergs Vier Gesänge und Sieben frühe Lieder, die Vier Lieder von Schönberg sowie von Strauss und Poulencs Banalités. Jüngst debütierte sie an der Scottish Opera und der Deutschen Oper am Rhein als Rosina und Hänsel und war bei der Canadian Opera Company als Zerlina zu erleben.
Freya Apffelstaedt, Amastre
Freya Apffelstaedt
Freya Apffelstaedt, Mezzosopran, wurde in Südafrika geboren. Sie schloss 2021 ihr Masterstudium an der Hochschule für Musik und Theater München ab und gewann 2020 den zweiten Preis beim Hochschulwettbewerb Felix Mendelssohn Bartholdy, einen Sonderpreis beim Internationalen Klassik-Gesangswettbewerb «DEBUT» und den dritten Preis beim Bundeswettbewerb Gesang. 2023 war sie Finalistin des «Tenor-Viñas»-Wettbewerbs in Barcelona. Ausserdem ist sie Empfängerin des Deutschlandstipendiums und war Stipendiatin des Richard-Wagner-Verbandes Bayreuth. Als Konzertsängerin umfasst ihr Repertoire nahezu alle gängigen Oratorien von Monteverdi, Schütz, Bach, Händel und Mozart bis hin zu Werken des 20. Jahrhunderts. Im Rahmen ihres Studiums trat sie in der Uraufführung der Oper liminal space auf, einer Kooperation der HfMT München mit der Münchener Biennale für Neues Musiktheater. Weitere Engagements umfassen die Rolle der Hippolyta in Brittens A Midsummer Night’s Dream an der Bayerischen Theaterakademie August Everding sowie Auftritte mit den Münchner Symphonikern und mit dem Konzerthausorchester Berlin. Im Sommer 2021 nahm sie am «Young Singers Project» der Salzburger Festspiele teil. Als Mitglied des Internationalen Opernstudios Zürich in den Spielzeiten 2021/22 und 2022/23 sang sie hier u.a. Penélope (Die Odyssee), Sœur Mathilde (Dialogues des Carmélites), Lisetta (Il mondo della luna), Gimgerde (Die Walküre) und Amastre (Serse).
Yewon Han, Romilda
Yewon Han
Yewon Han war 2021 Mitglied des Korea National Opera Studios und nahm am Young Artist Recital der Kumho Asiana Cultural Foundation teil. 2020 gewann sie die ersten Preise des Joong-ang Music Concours, der Korea Voice Competition, der KBS KEPCO Music Competition, der sechsten Korean Classical Singers Association Music Competition sowie den «Gold Prize» der 19. Korea National Opera Competition. 2021 wurden ihr die ersten Preise der Vocal Music Competitions in Gwangju und in Daegu verliehen. Zu ihrem Repertoire gehören die Titelrolle in Amahl und die nächtlichen Besucher, Lauretta in Gianni Schicchiund Papagena in Die Zauberflöte. Seit der Spielzeit 2022/23 ist sie Mitglied des IOS am Opernhaus Zürich und sang am Theater Winterthur Romilda in Serse.
Chelsea Zurflüh, Atalanta
Chelsea Zurflüh
Chelsea Zurflüh, Sopran, studierte Gesang an der Luzerner Musikhochschule sowie an der Hochschule der Künste Bern und am Schweizer Opernstudio Biel. Sie ist Preisträgerin des Musikwettbewerbs der Marianne & Curt Diennemann-Stiftung und des Kiefer-Hablitzel/Göhner Musikwettbewerbs, Studienpreisträgerin des Migros-Kulturprozent Gesangswettbewerbs sowie Gewinnerin des Elvirissima Gesangswettbwerbs. Im Dezember 2019 sang sie anlässlich der Vereidigung der Ständeräte im Bundeshaus in Bern die Landeshymne. Obwohl auch Musikstile wie Soul und Rock zu ihrem Repertoire gehören, liegt ihr Hauptfokus im klassischen Fach. In der Spielzeit 2020/21 debütierte sie am Theater Biel-Solothurn in Burkhards Casanova in der Schweiz sowie am Konzert Theater Bern als Adele in Die Fledermaus. Seit der Spielzeit 2021/22 ist sie Mitglied des Internationalen Opernstudios Zürich und war hier als Kirke und Kalypso in Die Odyssee, als Alice in Le Comte Ory, als Zaida in Il turco in Italia, als Clarice in Il mondo della luna, als Barbarina in Le nozze di Figaro und in Jakob Lenz zu erleben.
Benjamin Molonfalean, Ariodate
Benjamin Molonfalean
Benjamin Avram Molonfalean, Bassbariton, wurde in Rumänien geboren. Sein Musikstudium schloss er an der Königlich Dänischen Musikakademie in Kopenhagen ab. Während seines Studiums sang er u.a. den Förster in Janáčeks Das schlaue Füchslein und die Titelpartie in Le nozze di Figaro. 2015 nahm Benjamin Molonfalean an Meisterkursen von Constance Fee und Gabor Bretz am Crescendo Summer Institute in Tokaj (Ungarn) teil. 2017 debütierte er an der Århus Sommeropera in der Oper Darwin von Niels Marthinsen. 2018 sang er in Rossinis Petite Messe solennelle in der Domkirche in Maribo (Dänemark) sowie 2019 die Titelrolle in Don Pasquale an der Opera Prima in Wien. Seit der Spielzeit 2021/22 ist er Mitglied des Internationalen Opernstudios Zürich und war hier bisher in Tosca, Le Comte Ory und in Dialogues des Carmélites zu erleben.
Gregory Feldmann, Elviro
Gregory Feldmann
Gregory Feldmann studierte an der Juilliard School bei Elizabeth Bishop, Randall Scarlata und Sanford Sylvan. An der Juilliard Opera trat er als Belcore in L’elisir d’amore, als Virgil T. in The Mother of Us All und als Guglielmo in Così fan tutte auf. Am Opera Theatre of San Louis sang er Almaviva in Le nozze di Figaro. Als Solist war er in Faurés Requiem sowie in Händels Israel in Egypt und Messiah zu hören. Mit dem Pianisten Nathaniel LaNasa verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit. 2019 gewann er den ersten Preis der «Joy in Singing» International Song Competition sowie 2021 den ersten Preis der «Gerda Lissner» Song/Lieder Competition. 2022 war er «Young Artist» beim Glimmerglass Festival. Von 2022 bis 2024 war er Mitglied des IOS am Opernhaus Zürich und war hier u.a. in Roberto Devereux, Don Pasquale, Serse, Jakob Lenz, Sweeney Todd, A Midsummer Night’s Dream und Carmen zu erleben. Zusammen mit dem Pianisten Nathaniel LaNasa gab er Liederabende in der Wigmore Hall in London, beim September Festival: Royaumont in Viarmes (FR) und im Musée d’Orsay in Paris.