Dialogues des Carmélites
Francis Poulenc (1899-1963)
Oper in drei Akten (zwölf Bildern)
Libretto vom Komponisten nach dem Drama von Georges Bernanos
In französischer Sprache mit deutscher und englischer Übertitelung. Dauer ca. 2 Std. 50 Min. inkl. Pause nach ca. 1 Std. 10 Min. Werkeinführung jeweils 45 Min. vor Vorstellungsbeginn.
Die Einführungsmatinee findet am 30. Januar 2022 statt.
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Vergangene Termine
Februar 2022
März 2022
Gut zu wissen
Ab Freitag, 1. April entfällt die Maskenpflicht für das Publikum in allen Vorstellungen und Veranstaltungen im Opernhaus Zürich. Mehr Infos finden Sie hier.
Dialogues des Carmélites
Kurzgefasst
Dialogues des Carmélites
Das Salve Regina singend, schritten am 17. Juli 1794 sechzehn Karmeliterinnen auf der Pariser Place de Grève ihrer Hinrichtung durch die Guillotine entgegen. Vorausgegangen war ein Schauprozess des jakobinischen Revolutionsgerichts, das die Nonnen wegen ihrer Treue zur Kirche zum Tod verurteilt hatte. Mit jeder Hingerichteten wurde der Chor leiser, bis auch die letzte der sechzehn ermordet war. Diese historische Begebenheit fand ihre literarische Verarbeitung in Gertrud von le Forts Novelle Die Letzte am Schafott (1931), die Georges Bernanos zu einem Drehbuch umarbeitete – der Vorlage zu Francis Poulencs 1957 an der Mailänder Scala uraufgeführter Oper. Im Zentrum steht die junge Blanche de la Force, die seit ihrer Kindheit unter Angstattacken leidet und Zuflucht im Kloster der Karmeliterinnen findet. In der Weltabgeschiedenheit des Ordens herrscht ein harter, von Selbstüberwindung geprägter Alltag vor. Als die Revolution in die Stille des Klosters einbricht und sich die Klosterfrauen für das Martyrium entscheiden, überwindet zuletzt auch Blanche ihre Todesangst und schliesst sich den Ordensschwestern an. Poulencs Musik ist theatralisch effektvoll, soghaft und voll von lyrisch-intimen Momenten. Ganz in der Tradition Claude Debussys legt Poulenc den Akzent auf das Gespräch der Schwestern, dessen Hauptgegenstand das Martyrium ist. Dabei werden Tod und Leid jedoch nicht verklärt, sondern problematisiert. Das zeigt sich nicht zuletzt an der kranken Priorin, deren Todeskampf Poulenc in aller Schonungslosigkeit darstellt.
Die Oper hält faszinierende Frauenrollen bereit. Die alte Priorin wird von Evelyn Herlitzius verkörpert, die hier zuletzt als Janáčeks Emilia Marty für Furore sorgte. Eine ebenfalls in Zürich wohlvertraute Stimme ist Olga Kulchynska, die als Blanche debütiert. Tito Ceccherini, der seine Kompetenz im Umgang mit modernen Partituren an unserem Haus mit Ligetis Le Grand Macabre unter Beweis stellte, übernimmt die musikalische Leitung. Die Regisseurin Jetske Mijnssen wiederum feierte zuletzt mit Rameaus Barockoper Hippolyte et Aricie einen grossen Erfolg.
Pressestimmen
«Was man hier erlebt, ist so erschütternd und existenziell, wie Musiktheater nur sein kann.»
Tages-Anzeiger vom 14. Februar 2022«Wenn man so genau arbeitet und das Ganze sängerisch auch so gut besetzen kann, wie es hier der Fall ist, ist es ein Gesamtkunstwerk, das dem Stück total angemessen ist.»
Deutschlandfunk vom 14. Februar 2022
Drei Fragen an Andreas Homoki
Herr Homoki, die Oper Dialogues des Carmélites von Francis Poulenc, die am 13. Februar am Opernhaus Premiere hat, gehört zu den selten gespielten Randwerken des Repertoires. Wie wichtig ist es, solche Stücke auf den Spielplan zu setzen?
Sehr wichtig, denn das sogenannte Randrepertoire ist voll von grossartigen Stücken, und die soll man natürlich auch spielen. Wir tun das, aber wir sind am Opernhaus Zürich auch in der glücklichen Situation, dass wir neun Opernpremieren pro Spielzeit herausbringen, so viele wie nur wenige andere Häuser. Deshalb fällt es uns leichter, auch ausgefallene Titel zu spielen. Bei einer so hohen Premierenfrequenz braucht man dieses Repertoire, um einen Spielplan interessant zu gestalten. Ich stelle immer wieder fest, dass man auf einen unglaublichen Reichtum an kaum gespielten Werken stösst, wenn man ein bisschen tiefer im Opernrepertoire gräbt. Natürlich sind Traviata und Don Giovanni tolle Opern, aber Juliette von Bohuslav Martinů oder Der feurige Engel von Sergej Prokofjew – um zwei der Titel zu nennen, die wir in den vergangenen Jahren gemacht haben – sind genauso spannend. Im Haus ist übrigens die Leidenschaft für unbekannte Werke oft viel grösser als bei den Standardwerken, die andauernd gespielt werden. Es befeuert, wenn man gemeinsam etwas Neues entdeckt und die Qualitäten einer Oper im Entstehungsprozess einer Inszenierung immer deutlicher zutage treten. Wir hoffen natürlich, dass sich diese Freude am Entdecken auch auf unser Publikum überträgt.
Für wie offen und abenteuerlustig halten Sie das Zürcher Publikum?
Ich erlebe es als sehr offen. Das gilt für neue Interpretationen bekannter Werke die grundsätzlich mit Neugier und einer positiven Haltung aufgenommen werden, und auch für unbekannte Stücke. Bei ihnen müssen wir natürlich Überzeugungsarbeit leisten, denn viele werden diese Oper des Franzosen Francis Poulenc, die 1957 uraufgeführt wurde, noch nicht kennen. Das Wichtigste dabei ist, dass das Publikum Vertrauen haben kann, dass die Stücke, die wir aussuchen, Substanz haben und in bestmöglicher Qualität auf die Bühne kommen. Und das schafft man nur, wenn man selbst an sie glaubt, sie ernst nimmt, erstklassig besetzt und in einer starken Inszenierung auf die Bühne bringt.
Wie überzeugt sind Sie von Dialogues des Carmélites, einer Oper, die in den für uns ja sehr fernen Sphären des klösterlichen Glaubens spielt?
Das ist ein tolles Stück. Man mag auf den ersten Blick vielleicht denken, so eine Geschichte über Nonnen sagt mir nichts. Aber dem Stoff wohnt grosse Relevanz und Allgemeingültigkeit inne. Er geht auf ein historisches Ereignis während der französischen Revolution zurück, als sechzehn Karmeliterinnen es vorzogen, hingerichtet zu werden, statt ihr Klosterleben aufzugeben. Da werden überzeitliche Fragen aufgeworfen: Woran glauben wir? Wofür sind wir bereit zu sterben? Wie gehen wir in einer existenziellen Situation mit unseren Ängsten um? Mein Eindruck aus den ersten Probenwochen ist: Das wird eine emotional ganz starke Produktion. Unsere Regisseurin Jetske Mijnssen schafft intensive Beziehungsspannungen zwischen den Figuren, die der Komponist mit einem faszinierenden psychischen Innenleben ausgestattet hat. Und wir haben eine hochkarätige Besetzung, etwa mit Olga Kulchynska in der Hauptrolle der Blanche, die sich tief in diese Figur hineindenkt, oder einer tollen Charakterdarstellerin wie Evelyn Herlitzius als Klosterpriorin Madame de Croissy. Ich freue mich sehr auf diese Premiere.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 89, Februar 2022.
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Interview
Die Ängste vor dem letzten Weg
Francis Poulencs Oper «Dialogues des Carmélites» erzählt von einer Nonnengemeinschaft, die es vorzieht, zum Schafott zu schreiten, statt ihr Klosterleben aufzugeben. Was hat uns diese Geschichte aus dem Kloster heute zu sagen? Sehr viel, finden die Regisseurin Jetske Mijnssen und der Dirigent Tito Ceccherini, die künstlerisch für die Neuproduktion der Poulenc-Oper verantwortlich sind.
Jetske Mijnssen und Tito Ceccherini, die Oper Dialogues des Carmélites von Francis Poulenc spielt hauptsächlich in einem Nonnenkloster, es geht um Märtyrertode. Eine richtige Liebesgeschichte gibt es nicht. Das hat mit der Lebensrealität der meisten Zuschauerinnen und Zuschauer wenig zu tun. Weshalb packt uns dieses Stück trotzdem?
Jetske Mijnssen: Es geht hier nicht nur um Karmeliterinnen, um Nonnen, sondern der Titel macht es deutlich: Im Zentrum steht der Dialog, das Gespräch, das für mich ein Gespräch ganz generell unter Frauen ist. Diese Nonnen sind keine anonyme Figuren, sondern von Poulenc ausserordentlich individuell und plastisch gezeichnet. Jede hat ihre ganz eigene Persönlichkeit und besondere Haltung. Wir erleben ihre Ängste und existenziellen Sorgen – als Zuschauerin gehe ich mit diesen Figuren mit. Im Zentrum steht die Hauptfigur Blanche, die mit ihrer Herkunft zu kämpfen hat: Sie ist in einer dysfunktionalen Familie aufgewachsen. Das macht sie für uns zu einer nachvollziehbaren, modernen Figur.
Tito Ceccherini: Vielleicht bin ich jetzt zu dialektisch, aber ich finde, gerade weil es nicht um eine Liebesgeschichte geht, werden endlich einmal Dinge verhandelt, die alle betreffen. Natürlich versteht jeder, was Liebe bedeutet, wir alle sind mit den damit verbundenen Emotionen wie Hass, Zweifel oder Eifersucht vertraut. Aber das Leben ist selten so einseitig. Wir stellen uns doch ständig Fragen, Fragen wie: Was möchte ich im Leben machen? Schaffe ich das auch? Geschieht das genau so, wie ich mir das vorstelle?
Diese Fragen stellt sich Blanche, mit der wir durchs Stück gehen.
Tito Ceccherini: Ja. Sie ist eine Suchende, die ihren Weg geht, ja gehen muss. Sie kann in dieser dysfunktionalen Familie nicht bleiben. Die Rollen haben sich völlig verkehrt: Der Bruder bemuttert Blanche und bedrängt sie mit überzärtlicher Fürsorge. Doch wenn es darum geht, den adeligen, von der Französischen Revolution bedrohten Vater zu beschützen, reist der Bruder ab und Blanche, die gerade ins Kloster eingetreten ist, soll sich um ihn kümmern. Das sind menschliche Verhaltensweisen, die durchaus mit uns heute zu tun haben.
Jetske Mijnssen: Du sprichst den Vater an. Der Vater verdrängt alle Probleme und bemerkt nicht, was mit Blanche los ist. Wenn der jakobinische Terror ausbricht, kümmert es ihn nicht, dass er als Adliger in Gefahr ist. Er glaubt, ihm könne nichts passieren. Aber dann geht alles schief.
Das kann man ja generell über diese Oper sagen: Nichts geschieht so, wie vorgesehen. Alle planen etwas für sich, doch es kommt ganz anders …
Tito Ceccherini: Die alte, schwerkranke Priorin zum Beispiel sollte in den Augen ihrer Mitschwestern einen leichten Tod sterben. Sie hat immer Gott gedient und gebetet, doch im Angesicht des Todes ist sie vollkommen verzweifelt und stirbt qualvoll. Eine andere einflussreiche Nonne im Kloster, die Lehrerin der Novizinnen, Mère Marie, die der Gemeinschaft das Martyriumsgelübde abringt, ist am Ende die Einzige, die nicht aufs Schafott geht. Und was Blanche betrifft: Wir lernen sie als eine Figur kennen, die primär von ihren Ängsten geleitet wird. Am Ende überrascht sie uns aber, wenn sie mit ihren Mitschwestern freiwillig in den Tod geht. Es ist eine wirklich komplexe Oper …
Am Anfang dieser Geschichte steht ein Familientrauma. Welches ist das?
Jetske Mijnssen: Als Blanche zur Welt kam, ist ihre Mutter bei der Geburt gestorben. Das macht der Vater der Tochter unausgesprochen zum Vorwurf. Es ist ein Trauma, das immer wieder in ihm hochkommt. Poulenc deutet Ungesagtes zwischen den Figuren ja generell immer ganz fein an, man spürt ständig diese unterschwelligen Spannungen. Es gibt einen bemerkenswerten Moment am Ende der Familienszene: Blanche erklärt dem Vater, dass sie ins Kloster, in den Karmel eintreten will. In diesem Augenblick kippt etwas im Vater und man merkt, dass er seine Tochter zum ersten Mal als eigenständigen Menschen wahrnimmt. Das Tragische ist: In dem Moment entgleitet sie ihm bereits.
Tito Ceccherini: «Au Carmel!» – das ist einer der ganz wenigen Takte in dieser Oper, wo zwei Figuren gleichzeitig singen, Vater und Tochter. Ensembles gibt es in Carmélites eigentlich nur in den mehrstimmigen, lateinisch gesungenen Gebeten, die sich immer wie Inseln in dieser Oper ausnehmen. Daher ist dieser Moment sehr auffällig. Der Vater singt eigentlich nur in Rezitativen, und selbst wenn er Legato singt, ist das immer noch ein Rezitativ. Er spricht, spricht, spricht…
Ist diese Textlastigkeit ein Problem? Das Libretto basiert ja auf einem Bühnen stück von Georges Bernanos, der wiederum als Vorlage die Novelle Die Letzte am Schafott von Gertrud von Le Fort verwendet hat.
Tito Ceccherini: Ich lerne den Wert des Textes von Bernanos immer mehr zu schätzen. Er ist aussergewöhnlich nuancenreich, überaus präzise in den Emotionen und den Gedanken.
Jetske Mijnssen: Genau. Der Dialog ist trotz des philosophischen Tones, der immer wieder angeschlagen wird, so menschlich. Die Figuren werden in keinem Moment zu Karikaturen.
Diese Figuren haben ja tatsächlich gelebt: Es sind die Karmeliterinnen von Compiègne, die während der Französischen Revolution wegen ihres Glaubens hingerichtet wurden. Nur Blanche ist eine freie Erfindung von Gertrud von Le Fort. Poulenc hat sich sehr mit dieser Figur identifiziert.
Jetske Mijnssen: An ihr wird das Thema der Angst, das zentral für diese Oper ist, in ihrer vielfältigsten Erscheinungsform aufgezeigt. Blanche leidet unter einer extremen Lebensangst, unter ständigen Panikattacken. Sie ist immer die Aussenseiterin, zuhause in der Familie, aber auch im Kloster. Sie erwartet vom Kloster im Grunde die Erlösung von ihrer Angst, Sicherheit und Geborgenheit. Aber bereits bei ihrem Eintrittsgespräch nimmt ihr die alte Priorin alle Illusionen. Wie das im Leben eben so ist: Man geht auf eine Reise, um vor seinen Problemen zu fliehen, kommt nach Hause, und die Probleme liegen noch immer auf dem Tisch.
Tito Ceccherini: Ich sehe Blanche ein wenig als Traumwandlerin. Ihr Instinkt führt sie auf diesen Weg…
Jetske Mijnssen: Dabei trifft sie auf Frauen, die ihren Weg sehr prägen. Die alte Priorin ruft Blanche kurz vor ihrem Tod als Einzige zu sich. Sie will, dass Blanche es besser macht als sie selbst. Durch ihren furchtbaren Tod und ihre Angst vor dem Tod nimmt sie es gewissermassen auf sich, dass Blanche am Ende ohne Angst und Schmerzen sterben kann. Dann gibt es diese Begegnungen von Blanche mit Sœur Constance, die in ihrer Frische und Leichtigkeit eine sehr anziehende Figur ist. Gleichzeitig hat Constance eine tiefe Reife, sie weiss über Leben und Tod Bescheid und hat vor nichts Angst. Constance lässt sich von Blanches Strenge und Härte ihr gegenüber nie abschrecken. Selbst wenn Blanche die Gemeinschaft plötzlich verlässt, hält Constance zu ihr.
Um auf den zentralen Aspekt der Angst zurückzukommen: Wie transportiert die Musik dieses Gefühl, diese permanente Spannung?
Tito Ceccherini: Da reicht eine überraschende, innerhalb von Poulencs musikalischer Sprache weniger selbstverständliche Dissonanz, um das anzudeuten. Plötzlich tauchen musikalische Schatten auf, die völlig quer zur vorgängig etablierten Musiksprache stehen: ganz andere Akkorde, oder Töne in anderen Registern, tiefe Bässe mit Pauken zum Beispiel. Das ist überraschend in Poulencs tonaler, mit klassischen Mitteln gestalteten Sprache.
Poulenc gliedert die Oper in dreimal vier Bilder, also insgesamt 12 Bilder, die jeweils durch musikalische Zwischenspiele voneinander abgetrennt werden. Wie schafft er diesen Bogen, ohne dass das Werk in Einzelteile zerfällt?
Jetske Mijnssen: Die Dramaturgie ist wirklich bemerkenswert. Auffällig ist, dass die Szenen immer bereits am Laufen sind, wenn sich der Vorhang erneut hebt. Sie sind nie die Fortsetzung der vorherigen Szene. Manchmal kann man sich, sobald der Vorhang zugeht, sogar vorstellen, dass die Szenen weiterlaufen. Das ist Suspense. Man merkt, dass Bernanos’ Stück ursprünglich ein Filmscript war.
Tito Ceccherini: In der Musik gibt es dieses fliessende, schreitende Tempo, das durch die ganze Oper geht und nie aufhört. Es mündet schliesslich in die letzte Szene: dem Schreiten zum Schafott.
Wie ist diese berühmte Schlussszene musikalisch gestaltet?
Tito Ceccherini: Im Grunde unterliegt ihr ein ganz einfaches musikalisches Konzept, aber die Elemente, die dazu kommen, wirken überraschend. Die schneidenden Guillotinenschläge erklingen zum Beispiel an völlig unerwarteten Stellen, in unregelmässigem Abstand. Auch die dynamischen Nuancen sind in dieser Szene nicht vorhersehbar. Natürlich beginnt die Szene leise, sie wird lauter und endet leise. Aber dazwischen gibt es überraschende, dynamische Stufen. Nach den vielen Dialogen gibt es hier keine Gespräche mehr, nur noch das Murmeln des Chores und den Hymnus «Salve Regina». Mit jedem Schlag erstirbt eine Stimme. Durch das Ende der Gespräche ist die Individualität der Schwestern ausgelöscht, das Ende des menschlichen Dialogs überhaupt.
Wie ergeht es dir mit der Schlussszene, Jetske? 16 Frauen sterben hintereinander auf dem Schafott, und wir müssen dabei zusehen …
Jetske Mijnssen: Ich bin jedes Mal entsetzt, wenn diese Szene kommt. Auch unseren Sängerinnen fällt es schwer, das zu singen und zu spielen. Der Gang zum Schafott wird radikal durchgeführt. Der grausame Tod von Madame de Croissy im ersten Teil der Oper ist eine Vorbereitung auf dieses Ende, doch sie stöhnt und schreit – das fehlt am Schluss, da schreit es in uns. Szenisch suche ich dafür natürlich alles andere als eine platt realistische oder gar blutrünstige Lösung, denn es geht ganz allgemein um das brutale Auslöschen von Individuen. Die Nonnen sterben zwar für ihren Glauben, aber dieser freiwillige Tod ist unter enormem Druck der revolutionären Kräfte zustande gekommen, durch äussere Gewalt. Und die Nonnen haben Angst! Das Martyriumsgelübde haben die Schwestern auch nur deshalb abgelegt, weil Mère Marie so radikal, fast ideologisch darauf beharrte.
Zum Zeitpunkt der Komposition war der Tod im Leben von Francis Poulenc allgegenwärtig. Er war während der Komposition der Carmélites in einer tiefen persönlichen Krise, litt unter Todesängsten und bildete sich eine Krankheit ein. Gestorben ist dann aber während der Fertigstellung der Partitur Poulencs ehemaliger Partner.
Jetske Mijnssen: Dass sich Poulenc in diesem Stück mit den letzten Dingen auseinandersetzt, ist klar. Die Dialoge sind fast immer ein Austausch über den Tod. «Gott, warum hast du mich verlassen?» – Das ist die zentrale Frage, die immer wieder im Stück auftaucht. Bei der sterbenden und Gott verfluchenden alten Priorin Madame de Croissy, aber auch bei Madame Lidoine, die in der Gefängnisszene die verängstigten Nonnen darauf hinweist, dass Jesus im Garten Gethsemane auch Angst hatte. Und Blanche nennt sich im Kloster Blanche de l’Agonie du Christ, also von Christi Todesangst – ein Name, den auch die alte Priorin trug. Poulenc verbindet seine Figuren mit unseren eigenen tiefen Fragen und Ängsten.
Wie empfindest du den Katholizismus in diesem Stück? Wie ist er dargestellt?
Jetske Mijnssen: Im Stück ist Religiosität spürbar, aber nicht explizit Katholizismus. Auch wenn Poulenc selbst bekennender Katholik war, waren ihm allzu strenge Glaubensvertreter suspekt, das weiss man. Er suchte immer das Lebendige. In Carmélites ist nichts manifest, sondern es wird gezweifelt und diskutiert.
Noch ein letztes Wort zu Poulenc als Komponisten, dessen musikalische Sprache für ein Werk der 1950erJahre überraschend tonal ist, vergleicht man sie mit anderen musikalischen Strömungen in dieser Zeit. Serialismus oder Zwölftonmusik interessierte Poulenc kaum. Dafür wird er im deutschsprachigen Raum gerne belächelt …
Tito Ceccherini: Ich bin ein Enthusiast der Neuen Musik, das muss ich vorausschicken. Aber ich habe in meinem Leben immer mehr Abstand von der Frage genommen, wie man sich legitimieren soll. Dass die Vier letzten Lieder von Richard Strauss oder sein Oboenkonzert zeitgleich wie die Erste Klaviersonate von Pierre Boulez entstanden sind, ist zwar erstaunlich, aber muss ich das auch bewerten? Es gibt so viele unterschiedliche Arten, neu zu sein, und das hat nicht unbedingt damit zu tun, ob man nun tonal oder atonal komponiert. Letztlich geht es darum, was und nicht wie man etwas mit seiner musikalischen Sprache erzählt. Auch wenn Poulencs Oper nichts mit der Darmstädter Schule zu tun hat, hätte sie kein Jahr früher komponiert werden können.
Das Gespräch führte Kathrin Brunner
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 89, Februar 2022.
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Wie machen Sie das, Herr Bogatu?
Altes Gemäuer, frisch gemalt
Wahrscheinlich haben Sie sich noch nie mit der Frage auseinandergesetzt, wie Sie etwas Neues möglichst einfach alt aussehen lassen können. Meistens ist es ja eher umgekehrt. Doch gerade unsere Bühnenbilder sollen oftmals nicht so aussehen, als wären sie soeben aus der Werkstatt gekommen, sondern so, als würden ihre Bewohner schon seit vielen Jahren in ihnen leben.
Im Bühnenbild zu Dialogues des Carmélites – ein altes Kloster, entworfen von Ben Baur – wohnen die Nonnen augenscheinlich schon seit Jahrhunderten und unterhalten das Kloster perfekt. Kein Staubkorn liegt herum, dennoch ist das Alter des Gemäuers offensichtlich: Die Wände scheinen im Laufe der Zeit immer wieder feucht geworden zu sein und haben Flecken, und die Farbe von Fenstern und Türen hat Risse. Flecken malen kann vermutlich jeder, aber rissige Farbe malen? Nach einem Besuch bei Christian Hoffmann, unserem Leiter der Theatermalerei, kann ich Ihnen das Rezept verraten, und Sie können damit einfach alles alt aussehen lassen:
Nehmen wir an, Sie wohnen in einem Märchenschloss. Nun zog es durch die Fenster immer fürchterlich, und Sie haben diese neu machen lassen. Von aussen ist der Anblick nun unerträglich: Alte Mauern, die mit verwunschenem Efeu bewachsen sind, in Kombination mit einer neuen Dreifachverglasung in weissen Kunststoffrahmen – das geht natürlich gar nicht! Grundieren Sie die Rahmen mit einer Kunststoffgrundierung aus dem Baumarkt, kaufen Sie auch noch 2K PU Pigmentlack in dunklem Braun (z.B. RAL 8017 Schokoladenbraun), die Farbe Hellelfenbein (RAL 1015) und Reisslack für lösungsmittelhaltige Farben. Dann lackieren Sie den Rahmen in Schokoladenbraun, möglichst unregelmässig – dies wird die Farbe der späteren Risse. Das lassen Sie trocknen. Mindestens 24 Stunden lang. Nun tragen Sie mit dem Pinsel fett das Hellelfenbein auf und lassen dieses nur antrocknen. Beim Testen mit der Fingerkuppe sollte der Lack nicht kleben bleiben. Nach 50 Minuten alle 10 Minuten testen. Wenn Sie lange warten, werden die Risse feiner, wenn Sie zu lange warten gibt es gar keine Risse… Nun tragen Sie auf die angetrocknete Farbe mit dem Pinsel gleichmässig den durchsichtigen Reisslack auf. Während des Trocknens des Reisslackes zieht dieser nach mehreren Stunden die darunterliegende Farbe zusammen und sorgt für grosse Risse im Hellelfenbein und das Schokoladenbraun kommt zum Vorschein. Lassen Sie das in der Nacht durchtrocknen und entfernen Sie dann die Reisslackschicht mit einem feuchten Schwamm. Sie haben ein «Craquelée», ein Rissnetz, erzeugt und Ihr Märchenschloss ist wieder makellos verwunschen.
Für das Kloster auf der Bühne konnten wir übrigens ohne lösungsmittelhaltige Farben arbeiten. Aber ich gehe davon aus, dass Sie nicht möchten, dass die Farbe Ihrer Fensterrahmen im Laufe der Jahre verwittert.
Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich.
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Interview
Olga, wir sprechen noch vor der ersten szenischen Probe über deine Rolle. Wie ergeht es dir in deinen Vorbereitungen mit Blanche?
Als ich das Libretto las, ergaben sich für mich so viele Fragen an das Stück und an Blanche! Wenn ich an einer Rolle arbeite, suche ich die Charakterzüge einer Figur auch immer in mir selbst. Doch in diesem Fall war das anders. Für mich ist Blanche ein grosses Mysterium und emotional noch nicht richtig greifbar. Bis jetzt empfinde ich sie als eine völlig wahnsinnige, verrückte Person. Noch immer suche ich die richtige psychologische Diagnose für sie, vielleicht ist sie bipolar. Auch musikalisch gesehen ist diese Rolle voller Kontraste. Manchmal ist Blanche sehr ruhig, fast apathisch, manchmal ist sie völlig überdreht, ja hysterisch. Ihr Ausser-Atem-Sein, ihre Zartheit und Ängstlichkeit sind deutlich in der Komposition verankert. Aber generell ist die Figur für mich zum jetzigen Zeitpunkt noch eine Gestalt aus dem 18. Jahrhundert.
Hast du dich mit den historischen Quellen der Geschichte beschäftigt und die Novelle Die Letzte am Schafott von Gertrud von Le Fort, die die Basis für das Schauspiel von Georges Bernanos und der Oper von Poulenc war, gelesen?
Ja. Und ich habe nachgeforscht, wer diese Karmeliterinnen sind. Dieser Orden existiert heute ja noch immer. Ich habe mir diesbezüglich einige Dokumentarfilme angesehen: Der Karmeliterorden ist ein sehr verschlossener Orden, dem man sich kaum nähern kann. In den Interviews dieser BBC-Dokumentation ist mir aufgefallen, dass die Nonnen wie Blanche sprechen: geradezu wolkig und voller Ekstase und Verklärung. Sie benutzen grosse Begriffe wie «Opfer» oder «Leid» – aber ehrlich gesagt: Ich verstehe nicht, was sie damit meinen.
Hast du dennoch einige Seiten in Blanche entdeckt, die etwas mit dir zu tun haben?
Das Einzige, was ich bei Blanche nachvollziehen kann und das ja jeder kennt, ist das Gefühl der Angst. Doch auch da sind Blanches Ängste wiederum so umfassend: Sie hat Angst vor dem Tod, Angst vor dem Leben, Angst vor der Gesellschaft ... Ich persönlich habe vor allem Angst vor der Zukunft. Angst vor dem Tod – nein, das habe ich nicht.
Darf ich dich fragen: Bist du selbst religiös?
Ja, sehr. Ich bin in einer traditionellen, religiös-orthodoxen Familie aufgewachsen, aber in den letzten zwei Jahren habe ich mich eher der protestantischen Kirche zugewandt. All diese katholischen Traditionen, diese Rituale, diese Ergebenheit und Hingabe, die sind eigentlich sehr weit weg von mir.
Wir führen unser Gespräch via Zoom, denn du bist wegen einer Covid-Infektion noch in Isolation. Hat diese Isolation etwas mit dir und deiner Sicht auf Blanche gemacht?
Ich glaube nicht. Ich bin sowieso eine introvertierte Person und mag es eigentlich sehr, isoliert zu sein. Ich brauche es nicht, mich mit vielen Menschen zu umgeben. Ich kann sehr gut lange alleine sein und leide dabei auch nicht.
Blanche ist ja auch eine sehr isolierte Figur...
Blanche hat Angst vor Menschen. Sie versucht, in ihrem richtigen Leben vor ihren Ängsten zu flüchten, und geht in den Karmeliterorden. Aber natürlich findet sie auch da nicht das, wonach sie wirklich sucht. Alles ist problematisch in ihrem Leben, ihre Familie, die Gesellschaft, sogar der Orden. Egal, wo man bei ihr auch gräbt, es öffnen sich immer Abgründe. Am Ende der Oper bringt sie es dann auf den Punkt: Sie sagt, sie sei in die Angst hineingeboren, sie habe darin gelebt und lebe noch immer darin. Einen wichtigen Teil ihres Wesens macht sicher ihr Glaube aus. Sie verändert sich am Ende der Oper nicht aufgrund ihrer inneren Verfassung, ihrer Instinkte, aufgrund der Umstände oder wegen ihrer Beziehung zu den Nonnen, sondern weil ihr Glaube wächst.
Wenn Blanche in den Tod geht, ist das für dich etwas Positives, im Sinne einer Erlösung, oder doch etwas Negatives?
Für Blanche ist es sicher eine Erlösung und ein sichtbares Zeichen ihres Glaubens. Viele Gläubige finden darin ihren Frieden. Sie betrachten das Leben ja nur als einen Korridor, einen Übergang zum nächsten Leben, das viel besser ist. Alle Nonnen im Stück wissen das und warten auf diese Erlösung. Natürlich haben sie auch Angst davor zu sterben, zumal auf diese schreckliche Art. Andererseits aber scheinen sie zu wissen, dass ein anderes, viel besseres Leben auf sie wartet. Ich persönlich finde diese Idee des Martyriums natürlich schwierig.
Blanche ist ohne Mutter aufgewachsen. Sucht sie vielleicht auch das mütterliche Element im Kloster, in der Verkörperung der Schwestern?
Vielleicht sucht sie im Konvent tatsächlich eine Art Mutterwärme und Zärtlichkeit. Aber sie bekommt sie nicht. Mir fällt auf, dass Blanche in all den Begegnungen und den Gesprächen mit den Schwestern im Kloster immer eine Opferposition einnimmt. Man kennt das ja von Menschen, die zuhause missbraucht oder geschlagen wurden. Anders verhält sie sich hingegen in Bezug auf Constance: Mit ihr ist sie sehr hart, manchmal fast übergriffig.
Dann gibt es diese merkwürdige, beinahe inzestuöse Beziehung zu ihrem Bruder. Er nennt sie zum Beispiel «mein Häschen»...
Im letzten Dialog mit ihrem Bruder sagt sie einen merkwürdigen Satz: Sein Mitleid und seine Zärtlichkeit würden sie zerreissen, sie aber verlange nichts weiter als Respekt. Auch ihre Familie hatte immer dieses Mitleid mit ihr. Sie aber möchte als Person ernstgenommen werden, nicht als Objekt. Ihr familiärer Hintergrund ist von grosser Bedeutung. Ihre Mutter starb, als sie geboren wurde. Vermutlich fühlt sie für diesen Tod auch eine gewisse Schuld.
Hast du dich vorab mit Poulenc beschäftigt? Kanntest du seine Musik schon?
Ich habe ein paar seiner Lieder gesungen und ich habe einige Artikel von ihm gelesen. Er hat eine Art Anleitung geschrieben, wie seine Lieder zu singen seien. Poulenc sagt, dass das Wichtigste der Text sei, dass man den Text analysieren und die bedeutsamsten Wörter herausfinden müsse. In Bezug auf die Partie der Blanche ist das aber gar nicht so einfach. Manchmal sind die musikalischen Höhepunkte an Stellen, an denen die Worte gerade unbedeutend zu sein scheinen, manchmal ist es umgekehrt. Text und Musik streben in ihrer Bedeutung oft auseinander. Und das macht es schwer, sich die Partie zu merken. Poulenc macht stellenweise auch völlig überraschende Dinge. Er unterbricht eine Melodie inmitten eines Satzes und führt sie dann auf eine völlig andere Weise weiter.
Als Francis Poulenc die Rolle der Blanche schrieb, hatte er eine ganz bestimmte Sängerin im Kopf: Denise Duval, mit der er oft zusammengearbeitet hat. Sie hat dann auch die Pariser Erstaufführung des Werks gesungen. Was ist das Spezifische am Gesang der Blanche?
Die Rolle ist wirklich ganz anders als alles, was ich bis jetzt gesungen habe. Die Partie ist eher ein Sprechen mit Melodie als ein wirklicher Gesang, eine Art Sprechgesang. Der Gesang wirkt auf mich typisch französisch und sollte auch so interpretiert werden. Wenn man französische Sängerinnen französische Werke des 20. Jahrhunderts singen hört, singen sie in der Mittellage oft gar nicht so laut und mit wenig Vibrato. Sie lassen der Stimme insgesamt wenig Raum. Für mich wird es eine Herausforderung sein, so zu singen. Ich muss hier sehr an meinem Stil arbeiten. Man sollte wie eine Liedsängerin singen, aber das Orchester ist gross besetzt und laut. Wie bringt man das miteinander in Einklang? Wir werden das in den Proben ausprobieren.
Das Gespräch führte Kathrin Brunner
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Hintergrund
Stille und Zwiegespräche mit Gott
Die Oper «Dialogues des Carmélites» von Francis Poulenc die am 13. Februar Premiere hat, spielt in einem Kloster. Wir haben eine Gemeinschaft der Karmeliterinnen im Greyerzerland besucht, um zu erfahren, wie Nonnen leben. Ein Gespräch mit der Priorin Schwester Anne-Elisabeth über Berufung, Alltag und Prüfungen der Karmeliterinnen von Le Pâquier.
Sie sind die Priorin des Klosters. In der Oper Dialogues des Carmélites von Francis Poulenc müsste ich jetzt «hochehrwürdige Mutter» zu Ihnen sagen. Wie spreche ich Sie richtig an?
Ich bin Schwester Anne-Elisabeth. Bei uns gibt es keine Titel, denn das gehört nicht zu unserer Spiritualität. Die Zeiten, als man noch «Mère» sagte, sind vorbei. Wir sind Schwestern, eine einzige Familie. Unsere Ordensgründerin, Teresa von Avila, wollte kleine Gemeinschaften von 13 Schwestern, damit noch der Geist einer Familie spürbar ist. Später hat sie diese Gemeinschaften dann aus praktischen Gründen auf 20 bis 21 Schwestern erhöht.
Also herrschen bei Ihnen grundsätzlich flache Hierarchien?
Als Priorin trage ich natürlich die Hauptverantwortung, denn immer wieder müssen wichtige Entscheidungen getroffen werden. Aber wir sind sehr demokratisch organisiert. Wenn es zum Beispiel um die Renovation im Kloster geht, wie unlängst beim Einbau der Heizung in unserem Gästehaus, dann diskutieren wir die einzelnen Punkte gemeinsam. Eine Priorin allein hat nicht alle Gaben und Fähigkeiten. Jede Schwester bringt sich mit ihren eigenen Stärken ein. Schwestern, die grosse Erfahrungen haben oder junge mit neuen Ideen – das alles fliesst in unsere Entscheidungsfindung mit ein. Auf diese Art wird jede einzelne Schwester respektiert und in ihrem Wesen wahrgenommen.
Dann sind Sie, modern gesprochen, die Managerin des Klosters.
Das könnte man so sagen.
Anne-Elisabeth ist vermutlich nicht Ihr ziviler Name. Wie sind Sie zu diesem Namen gekommen?
Elisabeth ist mein Taufname. Im Kloster gab es aber bereits eine Schwester Elisabeth, daher nenne ich mich Anne-Elisabeth. Es ist jedoch ein Name, der bereits vorher in mir war. Voilà. Jedes Wort hat eine Bedeutung: Anne zum Beispiel heisst Gnade und Geschenk. Mit ganzem Namen heisse ich Anne-Elisabeth de la Miséricorde. Jede Schwester hat eine solche Bezeichnung. Sie zeigt, was uns wichtig ist und was uns anspricht.
Haben Sie in Ihrem zivilen Leben einen Beruf ausgeübt, bevor Sie ins Kloster eingetreten sind?
Natürlich. Das ist bei uns sehr wichtig. Wir verlangen beim Eintritt ins Kloster eine vollständige Berufsausbildung. Man muss bereits in seinem Beruf gearbeitet und selbständig gelebt haben, denn das zeigt, dass bereits eine Persönlichkeit da ist. Ich selbst habe die kaufmännische Berufsschule gemacht, habe in einer Luzerner Papeterie und später als Hilfskrankenschwester in einem Spital in Vevey gearbeitet. Gleichzeitig spürte ich aber diesen Ruf in mir, Christus nachzufolgen. Als ich jemanden traf, der Beziehungen zum Karmel in Le Pâquier hatte und mich einmal dorthin mitnahm, wusste ich, dass dieser Orden zu mir passte. Ich fühlte mich immer wohl in der Stille, im Alleinsein, im Zwiegespräch mit Gott – im Karmel ist das zentral, besonders das stille Gebet. Doch auch das Gemeinschaftsleben ist hier wichtig. Teresa von Avila, die den Orden im 16. Jahrhundert reformierte und eine sehr praktisch veranlagte Frau war, lag die Balance zwischen dem Leben in Gemeinschaft und dem Leben in Einsamkeit sehr am Herzen.
Ist der Eintritt in ein Kloster anfangs vielleicht auch eine Flucht? Bei der Hauptfigur Blanche in unserer Oper Dialogues des Carmélites ist das zum Beispiel der Fall.
Im Normalfall leben Karmeliterinnen das ganze Leben im gleichen Kloster. Wir haben eine Klausur und sind 24 Stunden im gleichen Haus zusammen. Diese Lebensform funktioniert nicht, wenn jemand anwesend ist, der vor seinen Problemen geflüchtet ist. Das würde man spüren, und es würden Schwierigkeiten entstehen. Ich habe diese Erfahrung ja selbst gemacht, als ich nach meiner Berufsausbildung und vor meinem Eintritt in den Karmel zunächst bei den Dominikanerinnen von Bethanien gelandet war, was aber nicht mein Ort war. Dort bin ich nach drei Jahren ausgetreten. Rückblickend war dieser erste Eintritt eine Flucht vor meiner Familie, in der ich mich unfrei fühlte. Ich habe das jedoch erst viel später verstanden. Eine Blume verwelkt, wenn sie nicht in dem Terrain lebt, die ihrem Grundwesen entspricht. Jede, die nicht diese Berufung in sich hat, empfindet später eine gewisse Traurigkeit, wenn die Lebensform nicht mit ihrem Innersten übereinstimmt. Ein ganzes Leben hier zu verbringen, nur um Zuflucht zu suchen oder vor seinen Problemen zu fliehen, ist unmöglich. Die Probleme würden sofort ans Licht kommen.
Gibt es bei Ihnen deshalb diesen langen Aufnahmeprozess von acht Jahren?
Seit einigen Jahren sind es jetzt sogar mindestens neun Jahre. Vorher gab es nach dem definitiven Engagement viele Austritte, deshalb hat man das verlängert. Heute sind die Gesellschaft und die Familienstrukturen ganz anders, viele kommen aus zersplitterten Familien, alles ist fluider. Es ist eine ganz andere Welt. So eine Aufnahme braucht Zeit, und diese Zeit muss man geben, um sich gegenseitig kennenzulernen, um zu wachsen und diese Berufung zu vertiefen, denn alle Dimensionen unseres Wesens sind betroffen und zur Einheit berufen.
Haben Sie es schon oft erlebt, dass jemand an diesem Prozess gescheitert ist?
Selbstverständlich. Eben wenn wir merken: Es ist eine Flucht. Oder jemand ist zu alt und kann sich nicht mehr integrieren. Mit 40, 50 Jahren hat man schon einiges erlebt, hat vielleicht seine Macken. Nicht, dass man genauso wie die Gemeinschaft werden müsste – aber ein solcher Weg kann in diesem Alter doch sehr schwierig werden.
Gibt es denn Nachwuchs?
Momentan haben wir eine Frau in Ausbildung, die den weissen Schleier trägt. Im vergangenen Dezember wurde sie Novizin. Weitere drei werden die Probezeit absolvieren. Das Interesse ist da, aber was daraus wird, wissen wir natürlich noch nicht.
Hatten Sie bei Ihrem Eintritt in den Karmel das Gefühl, die Welt hinter sich zu lassen oder vielmehr in sie hineinzutreten?
Ich wusste einfach, dass ich hier eintreten musste. Diesem starken Ruf musste ich gehorchen, ohne richtig sagen zu können, warum. Heute ist mir klar: Ich möchte für die Gemeinschaft da sein, mich mit meiner Persönlichkeit einbringen und für die Menschheit beten. Zurückgelassen habe ich nichts. In meinem vorherigen Leben habe ich diese Fülle nicht gefunden.
Haben Sie schon von Poulencs Oper gehört?
Ich wusste davon, hatte sie mir aber noch nie angehört. Als Ihre Anfrage kam, habe ich mich dann selbstverständlich darüber informiert, mir Auszüge der Musik angehört und einzelne Produktionen auf YouTube angeschaut.
Die 16 Karmeliterinnen von Compiègne, die während dem Französischen Terrorregime 1794 für ihren Glauben in den Tod gingen, wurden 1906 durch den Papst selig gesprochen. Haben sie noch eine Bedeutung für den Karmel?
Uns hier in der Schweiz sagt das eigentlich nichts mehr. Aber es gibt den Karmel in Joncquières. Sie sind die Nachfolgerinnen der Karmelitinnen von Compiègne, die deren Erbe weitertragen. Sie sind ganz davon erfüllt.
Könnten Sie sich vorstellen, für Ihren Glauben zu sterben?
Man kann auf so eine Frage nie antworten, wenn man nicht in dieser Situation ist. Doch grundsätzlich würde ich sagen: Ja. Aber ich hätte sicher Angst. Die Schwestern haben damals ja auch unterschiedlich reagiert. Früher gab es die gewaltsame und aktive Verfolgung der Christen, heute verschwindet der Glaube mehr und mehr. Es kann natürlich sein, dass dieses Desinteresse plötzlich wieder in Gewalt umschlägt und eine ganze Gemeinschaft trifft. Dann könnte ich mir durchaus vorstellen, für meinen Glauben zu sterben. Unser Leben für den Glauben, für Jesus Christus hinzugeben, das leben wir ja schon heute täglich. Alles, was wir machen, ist für ihn: «Pour toi, par amour». Auch wenn wir unsere Gelübde leben – den Gehorsam beispielsweise, was nicht immer so einfach ist –, sind diese Gelübde auch ein Weg, aus Liebe das eigene Leben hinzugeben. Das ist nicht für uns selbst, sondern für die Menschheit. Wir beten für andere.
Das zentrale Thema der Oper von Poulenc ist die Angst. Ist Angst ein Thema für den Karmel? Das Überwinden von Angst? Kann Religion eine Strategie gegen Angst sein?
Angst ist durchaus ein Thema für uns. Ganz konkret haben wir das vor zwei Jahren erlebt, als wir alle in der ersten Welle von Corona erkrankt waren. Das war ganz am Anfang, als man noch nicht viel über die Krankheit wusste, auch nicht, wie man sich schützt, und es noch keine Impfung gab. Zwei Schwestern und ich mussten ins Krankenhaus. Einige unter uns haben Todeserfahrungen gemacht. Mich als Verantwortliche hat es zusätzlich belastet, zu wissen, dass es den anderen nicht gut geht und ich nichts machen kann. Man will niemanden verlieren. Damals habe ich sehr viel Angst erlebt, und zwar in so einer konzentrierten und gewaltsamen Art, wie ich mir das nie hätte vorstellen können. Ich habe die Erfahrung des Schreiens gemacht. Ich wollte noch nicht sterben, denn ich war noch nicht bereit dazu, sondern habe noch eine Aufgabe zu erfüllen. Ich hatte sehr viele schreckliche Bilder in mir. Aber die Hilfe kam mir in der Gestalt des heiligen Joseph, den ich sehr gerne habe. Er fragte mich: Was willst du? Ich sagte zu ihm: «Beschütze meine Schwestern, …und auch mich». Zum Glück ist wirklich niemand gestorben. Ich hatte danach fast 15 Monate lang Long Covid, heute bin ich geheilt. Aber es war hart. Die Erfahrung der Angst war extrem. Auch die Erfahrung, wie man wirklich reagiert, wenn man dem Tode so nah ist, und nicht nur schön darüber redet. Die andere Schwester, die ebenfalls schwer erkrankt war, hat das hingegen ganz anders erlebt und hat sogar eine positive Erfahrung gemacht. Ich weiss nicht, warum ich das negativ empfunden habe. Ich hatte deswegen fast Schuldgefühle. Heute sehe ich das anders und kann nachempfinden, dass so viele Menschen Todesängste haben. Unsere Gemeinschaft hält sehr stark zusammen, und durch die Schwäche ist das noch stärker geworden. Wir haben damals auch sehr viel Wohlwollen und Hilfe von anderen erfahren. Das war beeindruckend.
Sie sprechen die Aussenwelt an. Sie scheinen ein erstaunlich offenes Verhältnis zur ausserklösterlichen Welt zu haben. Sie haben eine Homepage, sind auf Facebook vertreten und haben ein Gästehaus, in welchem ich ganz unkompliziert übernachten konnte.
Wenn jemand nicht bekannt ist, existiert er nicht. Das gilt auch für das Kloster. Wir hatten hier immer Priorinnen, die sehr offen und aufmerksam gegenüber der Welt waren. Als Anfragen von aussen kamen, ob man auch bei uns übernachten könnte, haben wir sofort überlegt, was wir machen können. Wir haben uns dann für dieses Gästehaus entschieden und es wurde so gebaut, dass der Geist des Karmel auch dort gelebt werden kann, ohne dass wir zu sehr darin integriert wären. In der benediktinischen Tradition ist so etwas sehr wichtig, da gibt es auch gemeinsame Mittagessen für die Gäste. Aber das ist eine immense Arbeit, die wir nicht leisten können. Ein alter Pater sagte zu uns einmal: Alles, was gegessen wird, muss gekauft werden. Da unsere Schwestern Feinschmeckerinnen sind, haben wir uns dann gefragt, warum wir nicht Guetzli backen sollen. 2008 ist unsere Guetzli-Bäckerei entstanden. Wir haben klein angefangen, in unserer Küche. Jetzt haben wir eine Guetzli-Bäckerei nach neuesten hygienischen Standards. Wir haben unsere Guetzli am Anfang bei einer grossen Lebensmittel-Ausstellung in Bulle verkauft. Das war revolutionär: Der Karmel, der in Klausur sein müsste, geht in die Welt! Aber wir mussten uns bekannt machen. Wir leben nicht nur von Brot und Wasser und Liebe, und niemand bezahlt uns. Dann brauchte es eine Internetseite für unseren Verkauf, und so kam eines zum anderen. Es ist wichtig, ein offenes Fenster für die Welt zu haben, denn wir sind kein Museum und wollen auch keines sein.
In Dialogues des Carmélites wird aufgrund einer Notsituation viel diskutiert. Doch eigentlich ist im Karmel das Schweigen oberstes Gebot, auch wenn ich jetzt gelernt habe, dass Sie die Auseinandersetzung, die Diskussion und den lebendigen Austausch untereinander genauso fördern. Was hat es mit dem klösterlichen Schweigegebot auf sich?
Für uns alle ist das Schweigen die Möglichkeit, bei Gott zu bleiben und mit ihm in Kontakt zu treten. Teresa von Avila hat die Erfahrung gemacht, dass Gott in einem drin lebt. Das ist wie eine Liebesbeziehung: Jemand ist da. Wenn man seine Aufmerksamkeit darauf richten möchte, kann das nur in der Stille geschehen. Wäre ich ständig mit der äusseren Welt beschäftigt, mit meinen Schwestern, kann ich nicht mehr bei mir und nicht bei ihm sein. Schweigen ist der Raum, der es ermöglicht, dass man miteinander verbunden ist, und das Gebet ist der Ausdruck davon. In der Welt gibt es so viel Leid – «le monde est en feu» sagte Teresa von Avila, das gilt noch immer. Im eigenen Schweigen höre ich diese Resonanz und bete dafür. Im Lärm kann das alles nicht passieren.
Stimmt es, dass Sie eine kleine Einsiedelei im Kloster haben?
Ja, das ist ganz wichtig im Karmel. Jede Schwester kann sich während des Jahres in der Einsiedelei im Dachstock des Hauses für zwei Wochen in die Stille zurückziehen, auch, um geistig wieder aufzutanken, denn das Gemeinschaftsleben und die Arbeit fordern doch sehr. In unserem Garten haben wir auch kleine Einsiedeleien, Rückzugsorte für tagsüber.
Hat Sie die Einsamkeit auch schon zur Verzweiflung gebracht?
Wir bleiben Menschen, und da kann uns alles passieren. Auch wir erleben, dass die Stille schwer werden kann: Entweder aufgrund unserer eigenen aktuellen psychischen Verfassung, oder wir tragen irgendetwas in der Welt mit. Wir glauben, dass Christus für uns den Kreuzweg aus Liebe gegangen ist, um uns zu erlösen. Wir sind da, um diesen gleichen Weg zu gehen, in welcher Form auch immer.
Ich habe einmal gelesen, dass die Karmeliterinnen ihre Hände nie zeigen.
Ich zeige meine Hände häufig. Sie sind ja dafür da, um etwas zu tun. Nur im Gebet, da bleiben die Hände oft unter dem Skapulier. Der Körper hilft mit, um zu sich selbst zu kommen.
Mittwochs ist bei Ihnen «Wüstentag für die Gemeinschaft». Was bedeutet das?
Durch die Guetzli-Bäckerei sind wir jetzt viel mehr zusammen, als eigentlich in einem Karmel vorgesehen ist. Früher hat jede für sich in ihrer Zelle gearbeitet, hat genäht, gestickt oder Fahnen hergestellt. Aber das ist nicht mehr zeitgemäss. In unserer Bäckerei arbeiten sechs bis acht Schwestern zusammen, je nachdem, wie schnell es mit dem Teig gehen muss. Das kann auch sehr ermüdend sein, auch wenn wir im Schweigen sind. Um das auszugleichen, haben wir am Mittwoch diesen Wüstentag. Die Gemeinschaft ist dann in zwei Gruppen aufgeteilt: Die eine ist völlig frei in ihrem Tun, hat mehr Zeit zum Gebet, Studium oder geistiger Lesung, die andere macht die wesentlichen Arbeiten wie Pforte, Küche und so weiter.
Kommt es manchmal zu Konflikten?
Dass es Spannungen gibt, ist klar, denn jede Schwester hat ihr eigenes Temperament. Es gibt Schwestern, die wie ein Feuer sind und ein Feuer bleiben. Das darf durchaus seinen Platz haben. Doch wir müssen uns weiterentwickeln. Wir arbeiten daher bereits seit 20 Jahren eng mit einer Psychologin zusammen. Hier geht es darum, wie wir am besten miteinander kommunizieren, wie man sich richtig ausspricht und wie Konflikte vermieden werden können. Letztendlich geht es um gegenseitigen Respekt.
Welche Bedeutung hat die Musik, der Gesang in Ihrem Kloster?
Musik ist für uns etwas sehr Wichtiges, und gerade das Singen ist gut für den Zusammenhalt. Wir singen täglich das Chorgebet, die Psalmen, die Laudes, das Mittagsgebet, die Vesper und die Office des Lectures. Auch hier arbeiten wir mit einer Frau, die uns in Gesang unterrichtet.
Eine letzte Frage: Könnten Sie sich vorstellen, die Oper von Poulenc in Zürich anzuschauen?
Lust hätte ich schon, das ist klar. Aber die Frage ist: Ist das wichtig für uns? Wir müssten das diskutieren. Nach draussen gehen wir grundsätzlich nur für Arztbesuche, für Kommissionen oder um uns zu bewegen, denn man muss ja auch auf seinen Körper achtgeben – diesen Ausgleich braucht es. Wenn der Opernbesuch eine Art Fortbildung wäre, wer weiss...
Das Gespräch führte Kathrin Brunner
Schwester Anne-Elisabeth ist die Priorin des Klosters in Le Pâquier im Greyerzerland.
Die Geschichte des Karmeliterordens geht bis ins 12. Jahrhundert zurück, als sich Einsiedler am Fusse des Karmel in Palästina niederliessen und sich einem streng eremitischen Leben hingaben. Um 1240 zogen sie wegen der Gefahr durch die Sarazenen nach Europa. Im 16. Jahrhundert reformierte Teresa von Avila den Orden und gründete zahlreiche neue Klöster. Die Karmeliterinnen in Le Pâquier stehen in ihrer Nachfolge.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 89, Februar 2022.
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Auf der Couch
Zu den eindrucksvollsten Bildwerken Roms gehört die Verzückung der heiligen Teresa von Avila über dem Altar der Kirche Santa Maria della Vittoria, eine Arbeit Lorenzo Berninis. Der Bildhauer gestaltet eine Szene aus der Autobiografie der grossen Mystikerin: «In der Hand des Engels sah ich einen langen goldenen Pfeil mit Feuer an der Spitze. Es schien mir, als stiesse er ihn mehrmals in mein Herz, ich fühlte, wie das Eisen mein Innerstes durchdrang, und als er ihn herauszog, war mir, als nähme er mein Herz mit, und ich blieb erfüllt von flammender Liebe zu Gott. Der Schmerz war so stark, dass ich klagend aufschrie. Doch zugleich empfand ich eine so unendliche Süsse, dass ich dem Schmerz ewige Dauer wünschte.»
Teresa muss eine eindrucksvolle Persönlichkeit gewesen sein, meines Wissens die einzige Frau, die das eiserne Gesetz des katholischen Männerprivilegs durchbrach, indem sie nicht nur den eigenen Orden der barfüssigen Karmeliterinnen reformierte, sondern einen männlichen Zweig dieser Reformation auf den Weg brachte. Teresa war die Enkelin eines sephardischen Juden, der sich taufen liess und einen spanischen Adelstitel kaufte. Ihr Vater wollte nichts von ihrer spirituellen Begeisterung wissen. Teresa wuchs in einem Elternhaus auf, in dem die Erinnerung an eine Bekehrung unter Zwang noch lebendig war. Hat sie gerade deshalb ihre Gottesliebe übersteigert?
Wer in einen Orden eintritt, den inspiriert die Gestalt der Gründerin. Teresa wollte ein in erstarrten Riten praktiziertes Klosterleben erneuern, den Glauben zu einer ganz persönlichen, intimen Überzeugung formen. Blanche de la Force, die Hauptfigur in Poulencs Oper Dialogues des Carmélites, sucht nach einer traumatischen Erfahrung mit einem aggressiven Mob Zuflucht in einem Kloster der Karmelitinnen von Compiègne. Sie tritt uns als ein Mädchen entgegen, das mit Schuldgefühlen ringt, weil seine Mutter nach der Geburt starb. Blanche ist ohne Mutter aufgewachsen und auf der Suche nach Halt.
Wie wir heute wissen, brauchen kleine Kinder ein einfühlendes Gegenüber, das sie darin unterstützt, ihre Emotionen zu akzeptieren und sich an ihnen zu orientieren. Ältere Kinder brauchen eine Spielgruppe, die ihnen die Möglichkeit gibt, sich zu erproben und Selbstvertrauen zu gewinnen. Die Möglichkeiten dazu waren im 18. Jahrhundert für Frauen allgemein nicht sonderlich gut, für eine mutterlos aufgewachsene Tochter aus adeliger Familie in wirren Zeiten jedenfalls denkbar schlecht.
Den Karmeliterinnen von Compiègne hatten die Revolutionäre verordnet, Gelübde und Gemeinschaft zu verlassen. Widerstand gegen diese Anordnung galt als Hochverrat. Es stand den frommen Frauen frei, das Leben normaler Bürgerinnen zu führen. Sie aber wurden von ihrer Novizenmeisterin bedrängt, ihr Leben in der Gemeinschaft fortzusetzen und die Hinrichtung in Kauf zu nehmen.
Die Geschichte gehorcht nicht dem Bonmot von Marx, dass sie als Tragödie beginnt und sich als Farce wiederholt. Die Wiederholung kann durchaus tragischer werden. Was geschieht mit Menschen, die nicht in die Glaubenswelt einer neuen Macht passen? Der Vater der heiligen Teresa von Avila überlebte, weil er sich, als Jude geboren, taufen liess. So hätten auch die Karmeliterinnen von Compiègne davonkommen können.
Die Dichter und Komponisten, die den Stoff im 20. Jahrhundert neu belebten, mussten sich mit einer Gnadenlosigkeit auseinandersetzen, die jede Überheblichkeit hinsichtlich eines moralischen Fortschritts der Menschheit verbietet. In der rassistischen Ideologie Hitlers wurde die Wahl, Überzeugungen zu opfern, den Verfolgten nicht mehr angeboten.
Text: Wolfgang Schmidbauer, Psychoanalytiker und Buchautor
Illustration: Anita Allemann
Dialogues des Carmélites
Synopsis
Dialogues des Carmélites
Erster Akt
1. Bild
Der Chevalier de la Force ist besorgt um seine Schwester Blanche. Soeben hat er vernommen, dass ihre Kutsche von Revolutionären angehalten wurde. Dies ruft in seinem Vater ein altes Trauma hervor: Bei einem Feuerwerksunfall musste seine hochschwangere Frau vor dem rasenden Mob fliehen. Sie erlitt eine Frühgeburt und starb, ihre Tochter, Blanche, überlebte.
Blanche erzählt von ihrer Panik auf der Strasse. Der Schatten eines Dieners an der Wand erschreckt sie derart, dass sie erneut mit ihrer Angst konfrontiert wird. Sie eröffnet ihrem Vater, dass sie ihr Leben in einem Karmeliterinnenkloster verbringen will. Nur dort glaubt sie Ruhe zu finden.
2. Bild
Blanche bittet Madame de Croissy, die alte und schwerkranke Priorin des Karmel, sie zum Noviziat zuzulassen. Die Priorin warnt Blanche, dass sie einen steinigen Weg vor sich haben werde und der Orden keine simple Zufluchtsstätte sei. Doch die Strenge der Ordensregeln bestärkt Blanche in ihrem Wunsch. Als sie der Priorin eröffnet, sich Blanche von Christi Todesangst nennen zu wollen, erteilt ihr die erschütterte Priorin den Segen.
3. Bild
Blanche und Constance, die ebenfalls Novizin des Karmel ist, sind mit Alltagsarbeiten beschäftigt. Sie reagiert unwirsch auf Constances unermüdliche Fröhlichkeit, und das ganz besonders angesichts der todkranken Priorin. Als Constance Blanche von ihrer Vision erzählt, dass sie beide eines Tages gemeinsam sterben werden, unterbricht sie Blanche empört.
4. Bild
Der Tod der alten Priorin naht. Trotz ihres Glaubens wird sie von Angst und Schmerzen überwältigt. Über ihre gottlosen Reden ist die anwesende Mère Marie de l’Incarnation entsetzt. Die Priorin befiehlt Mère Marie, Blanche in ihre Obhut zu nehmen. Sie lässt Blanche zu sich kommen, ihre Worte gleichen einem Vermächtnis. In einer Vision sieht die Priorin die Verwüstung des Klosters voraus. Blanche wird Zeugin ihres qualvollen Todes.
Zweiter Akt
5. Bild
Blanche und Constance halten die Totenwache für die Priorin. Blanche gerät plötzlich in Panik und will aus der Kapelle fliehen. Mère Marie tritt hinzu und weist sie streng zurecht. Sie rät ihr jedoch, ihre Verfehlung nicht allzu schwer zu nehmen.
Zwischenspiel: Während sie den Blumenschmuck für die verstorbene Priorin vorbereiten, unterhalten sich Blanche und Constance über deren Nachfolge. Constance hofft, dass Mère Marie die neue Priorin wird. Der schwere Tod der alten Priorin beschäftigt Constance. Sie überlegt, ob sie möglicherweise den Tod einer anderen gestorben sei.
6. Bild
Zur neuen Priorin wurde nicht die aus dem Hochadel stammende Mère Marie gewählt, sondern die bescheidene Madame Lidoine. In ihrer ersten Ansprache an die Schwestern fordert sie von ihnen, ihr Seelenheil auch in politisch unsicheren Zeiten im Gebet und nicht im Martyrium zu suchen.
Zwischenspiel: In die bisherige Klosterruhe dringt immer mehr die Unruhe der Revolution. Der Chevalier de la Force möchte seine Schwester Blanche sprechen. Die Priorin besteht darauf, dass Mère Marie dem Gespräch beiwohnt.
7. Bild
Der Chevalier will Frankreich angesichts der gefährlichen politischen Situation verlassen. Er bittet Blanche, zu ihrem Vater zurückzukehren. Doch Blanche verteidigt ihre neue Lebensweise als Karmeliterin. Sie behauptet, nicht aus Angst, sondern aus Pflichtgefühl im Kloster bleiben zu wollen.
8. Bild
Der Beichtvater des Klosters hat seine letzte Messe mit den Nonnen gefeiert. Er wurde soeben seines Amtes als Priester enthoben und will fortan im Geheimen seinen Glauben leben. Von draussen dringt der Lärm des Pöbels ins Kloster. Ein Volksbeauftragter verkündet, dass gemäss einer neuen Bestimmung sämtliche Klöster geräumt werden müssen.
Mère Jeanne überreicht Blanche den Petit Roi. Als erneut Lärm von draussen ertönt, lässt Blanche die kleine Statue erschrocken fallen.
Dritter Akt
9. Bild
In Abwesenheit der Priorin schlägt Mère Marie ihren Mitschwestern vor, das Gelübde zum Martyrium abzulegen. Eine geheime Abstimmung findet statt. Es gibt eine Gegenstimme. Constance bekennt sich dazu, schliesst sich dann jedoch den anderen an.
Zwischenspiel: Die Stimme eines Beamten verkündet das Ende der Ordensgemeinschaft und erklärt die Nonnen zu Bürgerinnen. Die zurückgekehrte Priorin muss feststellen, dass die Nonnen gegen ihren Willen das Martyriumsgelübde abgelegt haben.
10. Bild
Blanche ist aus dem Kloster in ihr ehemaliges Vaterhaus geflohen und lebt dort als niedere Dienstmagd. Ihr Vater wurde von den Revolutionären umgebracht. Mère Marie sucht sie auf und bittet sie eindringlich, sich zu verstecken. Blanche bleibt.
11. Bild
Die Nonnen sind – mit Ausnahme von Mère Marie – wegen angeblicher konterrevolutionärer Aktivitäten verhaftet worden. Die Priorin spricht ihren Mitschwestern Trost zu und übernimmt die volle Verantwortung für das Martyriumsgelübde, obwohl sie es selbst nicht abgelegt hat. Sie erinnert die Schwestern an die Todesangst Christi im Garten Gethsemane.
Die Nonnen werden zum Tod verurteilt.
Zwischenspiel: Der Beichtvater berichtet Mère Marie von der bevorstehenden Hinrichtung der Karmeliterinnen. Er will sie davon abhalten, sich ihren Schwestern anzuschliessen. Mère Marie – innerlich zerrissen – stimmt ihm zu und flieht.
12. Bild
Das Salve regina singend, werden die Karmeliterinnen nacheinander durch die Guillotine exekutiert. Constances Vision, gemeinsam mit Blanche zu sterben, wird wahr: Blanche erscheint und folgt ihren Schwestern vollkommen ruhig in den Tod.
Biografien
Tito Ceccherini, Musikalische Leitung
Tito Ceccherini
Tito Ceccherini wurde in Mailand geboren. Er hat sich insbesondere mit Werken des frühen 20. Jahrhunderts und mit zeitgenössischem Repertoire einen Namen gemacht. 2012 debütierte er mit dem Klangforum Wien und den Neuen Vokalsolisten beim Lucerne Festival und eröffnete das neue Festspielhaus in Erl mit Bartóks Herzog Blaubarts Burg. Zu den Uraufführungen unter seinem Dirigat zählen u. a. Fénelons La Cerisaie (Opéra National de Paris, Bolschoi-Theater Moskau) sowie Sciarrinos Da gelo a gelo (Schwetzinger Festspiele, Klangforum Wien, Opéra National in Paris und Grand Théâtre de Genève) und Superflumina (Nationaltheater Mannheim). Nach Erfolgen mit Křeneks Cefalo e Procri und Battistellis Riccardo III, leitete er Sciarrinos Luci mie traditrici am Teatro La Fenice in Venedig. Weitere Engagements der jüngeren Zeit führten ihn für Béatrice et Bénédict und Die Entführung aus dem Serail an das Théâtre du Capitole in Toulouse, wo er zuvor auch Bartóks Herzog Blaubarts Burg und Dallapiccolas Il prigioniero leitete. Ausserdem dirigierte er Le Grand Macabre am Teatro Argentino La Plata in Buenos Aires sowie The Rake’s Progress, Aus einem Totenhaus und I puritani an der Oper Frankfurt. Er konzertierte u. a. mit dem Orchestre Philharmonique de Radio France Paris, dem BBC Symphony Orchestra, London Philharmonia, Orchester des Teatro dell’ Opera di Roma, Filarmonica della Scala sowie dem Ensemble InterContemporain, dem Ensemble Modern, dem hr-Sinfonieorchester, dem WDR-Sinfonieorchester Köln, dem SWR Stuttgart und dem Orchestre de Chambre de Genève. Am Opernhaus Zürich dirigierte er 2018/19 Le Grand Macabre.
Jetske Mijnssen, Inszenierung
Jetske Mijnssen
Jetske Mijnssen studierte Niederländische Literatur an der Universität Amsterdam und Regie an der Amsterdamse Hogeschool voor de Kunsten. Es folgten Engagements als Regieassistentin an der Nederlandse Opera in Amsterdam, am Grand Théâtre de Genève sowie an der Vlaamse Opera in Antwerpen. Ab 2001 entstanden eigene Regiearbeiten, darunter La traviata am Konzert Theater Bern, Die Entführung aus dem Serail am Aalto-Theater Essen, Madama Butterfly am Theater Basel, Jules Massenets Werther am Saarländischen Staatstheater Saarbrücken (2014 nominiert für den Theaterpreis DER FAUST), Die Dreigroschenoper und Il barbiere di Siviglia an der Opera Zuid in Maastricht, Almira an der Staatsoper Hamburg und bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik sowie L’Enfant et les sortilèges, Don Pasquale, Pinocchio und Benjamin Brittens Der kleine Schornsteinfeger an der Komischen Oper Berlin. Mit Humperdincks Königskinder gab sie 2014 ihr Debüt an der Semperoper Dresden. Ihre Inszenierung von Luigi Rossis Orfeo an der Opéra national de Lorraine in Nancy wurde mit dem Grand Prix du Syndicat de la Critique 2016 ausgezeichnet, und Il barbiere di Siviglia in Oslo wurde 2022 für den norwegischen Heddaprisen nominiert. Ihre jüngsten Arbeiten waren Haydns Orlando paladino, Idomeneo, Hippolyte et Aricie und Dialogues des Carmélites für das Opernhaus Zürich, Giovanni Legrenzis La divisione del mondo, eine Koproduktion der Opéra National de Rhin, der Opéra National de Lorraine und der Opéra Royal de Versailles, Anna Bolena und Maria Stuarda in Amsterdam, Zemlinskys Kleider machen Leute an der Staatsoper Prag sowie La clemenza di Tito in Kopenhagen.
Ben Baur, Bühnenbild
Ben Baur
Ben Baur stammt aus dem südhessischen Reinheim und studierte an der Kunsthochschule Berlin-Weissensee. Seine Arbeiten als Bühnen- und Kostümbildner sind an wichtigen Theatern und Opernhäusern Europas zu sehen: u.a. am Maxim Gorki Theater und Deutschen Theater in Berlin, am Volkstheater München, am Staatstheater Karlsruhe und Staatstheater Saarbrücken, an den Schauspielhäusern in Bochum, Zürich und Frankfurt, am Aalto-Musiktheater Essen, an der Staatsoper Stuttgart, am Opernhaus Zürich, an der Welsh National Opera Cardiff, an der Opéra national de Lorraine in Nancy und der Opéra royal du Château de Versailles, an der Niederländischen Oper Amsterdam, der Staatsoper Hamburg und am Burgtheater Wien. Mit Jetske Mijnssen und Jan Philipp Gloger verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit. Ben Baurs Arbeit für Händels Alcina in der Regie von Jan Philipp Gloger an der Semperoper Dresden wurde in der Kritikerumfrage 2012 der Fachzeitschrift Opernwelt mehrfach als «Bühnenbild des Jahres» nominiert. Ben Baur arbeitet mittlerweile auch als Regisseur und hat u.a. Lucia di Lammermoor, La traviata und Katja Kabanova am Staatstheater Saarbrücken, Hugo von Hofmannsthals Elektra am Deutschen Theater Göttingen, Roméo et Juliette, Il trovatore und Les Pêcheurs de perles an der Oper Graz, Dido and Aeneas und Lucrezia Borgia am Aalto-Musiktheater Essen, Don Giovanni und Dialogues des Carmélites in Gelsenkirchen, Il pirata am Theater St. Gallen, La damnation de Faust am Theater Erfurt sowie La bohème und Alcina am Staatstheater Braunschweig inszeniert.
Gideon Davey, Kostüme
Gideon Davey
Gideon Davey, geboren in Bristol, ist Kostüm- und Bühnenbildner für Theater, Film und Fernsehen. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn mit den Regisseuren David Alden und Robert Carsen. Zudem wirkte er u.a. in Produktionsteams von Andreas Homoki, Jetske Mijnssen, Floris Visser, Stephen Lawless und Jasmina Hadziahmetovic mit. Seine Kostüme für David Aldens Inszenierung von Il ritorno d’Ulisse in patria an der Staatsoper in München brachten ihm die Auszeichnung «Kostümbildner des Jahres 2005» der Zeitschrift Opernwelt ein. Zu seinen Arbeiten gehören Wozzeck, Agrippina und Platée am Theater an der Wien mit Robert Carsen, Luisa Miller an der Staatsoper Hamburg mit Andreas Homoki, Semele bei den Händel-Festspielen Karlsruhe mit Floris Visser, Alfredo Catalanis Loreley am Theater St. Gallen und Pique Dame an der English National Opera mit David Alden sowie Luigi Rossis Orfeo an der Opéra national de Lorraine mit Jetske Mijnssen. Am Opernhaus Zürich entwarf er bisher das Kostüm- bzw. Bühnenbild für Das Gespenst von Canterville, Robin Hood, Der Zauberer von Oz, Idomeneo, Arabella, Hippolyte et Aricie, Maria Stuarda, Hänsel und Gretel, Anna Bolena, Dialogues des Carmélites und Roberto Devereux. Er schuf die Kostüme für Aldens Lohengrin am Royal Opera House London, Bühne und Kostüme für Carsens Giulio Cesare an der Scala in Mailand und 2021 Bühne und Kostüme für Il trionfo del Tempo e del Disinganno bei den Salzburger Festspielen. Jüngst war er an der Mailänder Scala für Peter Grimes, an der Deutschen Oper Berlin für Anna Bolena, an der Oper Halle für Il barbiere di Siviglia sowie an der Oper Köln für Idomeneo engagiert.
Franck Evin, Lichtgestaltung
Franck Evin
Franck Evin, geboren in Nantes, ging mit 19 Jahren nach Paris, um Klavier zu studieren. Nachts begleitete er Sänger im Café Théâtre Le Connetable und begann sich auch für Beleuchtung zu interessieren. Schliesslich entschied er sich für die Kombination aus Musik und Technik. Dank eines Stipendiums des französischen Kulturministeriums wurde er 1983 Assistent des Beleuchtungschefs an der Opéra de Lyon. Hier arbeitete er u. a. mit Ken Russel und Robert Wilson zusammen. Am Düsseldorfer Schauspielhaus begann er 1986 als selbstständiger Lichtdesigner zu arbeiten und legte 1993 die Beleuchtungsmeisterprüfung ab. Besonders eng war in dieser Zeit die Zusammenarbeit mit Werner Schröter und mit dem Dirigenten Eberhard Kloke. Es folgten Produktionen u. a. in Nantes, Strassburg, Paris, Lyon, Wien, Bonn, Brüssel und Los Angeles. Von 1995 bis 2012 war er Künstlerischer Leiter der Beleuchtungsabteilung der Komischen Oper Berlin und dort verantwortlich für alle Neuproduktionen. Hier wurden besonders Andreas Homoki, Barrie Kosky, Calixto Bieto und Hans Neuenfels wichtige Partner für ihn. Im März 2006 wurde Franck Evin mit dem «OPUS» in der Kategorie Lichtdesign ausgezeichnet. Seit Sommer 2012 arbeitet er als künstlerischer Leiter der Beleuchtungsabteilung an der Oper Zürich. Franck Evin wirkt neben seiner Tätigkeit in Zürich weiterhin als Gast in internationalen Produktionen mit, etwa an den Opernhäusern von Oslo, Stockholm, Tokio, Amsterdam, München, Graz sowie der Opéra Bastille, der Mailänder Scala, dem Teatro La Fenice, der Vlaamse Opera und bei den Bayreuther Festspielen.
Lillian Stillwell, Choreografische Mitarbeit
Lillian Stillwell
Lillian Stillwell stammt aus den USA. Zunächst erhielt sie eine klassische Ausbildung am Ballet Arts Minnesota und am Milwaukee Ballet, bevor sie den Bachelor of Arts in zeitgenössischem Tanz an der University of Minnesota in ihrer Heimatstadt Minneapolis absolvierte. Als Tänzerin arbeitete sie in ihrer Heimatstadt Minneapolis und in New York City, von wo aus sie mit Johannes Wieland 2007 ans Staatstheater Kassel wechselte. Dort war sie bis 2012 festes Mitglied des Tanzensembles und choreografierte bereits mehrfach für Opern- und Schauspielproduktionen. Als freischaffende Choreografin mit interdisziplinärem und kollaborativem Schwerpunkt arbeitet Lillian Stillwell seitdem an Häusern wie der Royal Danish Opera, der Philharmonie Luxembourg, der Oper Graz, an den Theatern Basel, Lübeck, Heidelberg und Bremen, dem Pfalztheater Kaiserslautern, dem Nationaltheater Mannheim, dem Staatstheater Kassel, dem Saarländischen Staatstheater Saarbrücken und dem Staatstheater am Gärtnerplatz München. Darüber hinaus unterrichtet sie Tanz und Choreografie an der University of Minnesota, dem St. Olaf College und der TU Dance Company and School (USA) sowie beim Choreolab Europe. Eine enge Zusammenarbeit verbindet sie mit Ben Baur und Tom Ryser, mit dem sie 2020 in Basel «SNOW productions» gründete, ein Projekt, welches interdisziplinäre Produktionen im Bereich Tanz, Theater und Musik realisiert. Ab 2022 wird sie neue Tanzdirektorin am Theater Münster.
Janko Kastelic, Choreinstudierung
Janko Kastelic
Janko Kastelic ist ein kanadisch-slowenischer Dirigent, Chorleiter, Pianist und Organist. Er begann seine musikalische Ausbildung in Kanada am Royal/Western Conservatory of Music und der St. Michael‘s Choir School. Er hat einen Abschluss in Dirigieren, Komposition und Musiktheorie von der Universität Toronto und setzte sein Studium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien fort. Seit 2017 ist er Chordirektor am Opernhaus Zürich. Er war einer der Kapellmeister der Wiener Hofmusikkapelle, Studienleiter des JET-Programms für junge Sänger am Theater an der Wien und Assistent bei den Bayreuther Festspielen sowie Gastchordirektor an der Hamburgischen Staatsoper. Zu den Positionen, die er im Lauf seiner Karriere bekleidet hat, gehört auch die Stelle des Generalmusikdirektors und Operndirektors am Slowenischen Nationaltheater Maribor, des Zweiten Chordirektors an der Wiener Staatsoper sowie des Korrepetitors an der Opéra National de Paris. Er war Assistenzprofessor an der Universität Ljubljana und Mentor an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien. Seine künstlerischen Leistungen sind dokumentiert auf mehreren Live-Aufnahmen, darunter Tschaikowskis Pique Dame und Schönbergs Moses und Aron. Er arrangierte und dirigierte auch Werke für die Feierlichkeiten zum Mozartjahr 2006. Zu seinen Arbeiten beim Klangbogen-Festival in Wien gehört die europäische Erstaufführung von Blochs Macbeth. Janko Kastelic ist auch ein engagierter Pädagoge, der sich der Förderung der nächsten Generation von Musikerinnen und Musikern verschrieben hat.
Kathrin Brunner, Dramaturgie
Kathrin Brunner
Kathrin Brunner wurde in Zürich geboren. Sie studierte in ihrer Heimatstadt sowie an der Humboldt-Universität Berlin Germanistik, Musikwissenschaft und Französisch. Nach diversen Regiehospitanzen (u.a. Die Dreigroschenoper am Luzerner Theater; Regie: Vera Nemirova) und Dramaturgiehospitanzen ist sie seit 2008 Dramaturgin am Opernhaus Zürich. Hier arbeitete sie u.a. mit Regisseur:innen wie Achim Freyer (Moses und Aron), Harry Kupfer (Die Meistersinger von Nürnberg, Tannhäuser), Stephan Müller, Guy Joosten, Damiano Michieletto, Christof Loy (La straniera, Alcina, I Capuleti e i Montecchi, Don Pasquale, La rondine), Willy Decker (Il ritorno d'Ulisse in patria, The Turn of the Screw), Andreas Homoki (Wozzeck, Das Land des Lächelns, La forza del destino), Christoph Marthaler (Il viaggio a Reims, Orphée et Euridice), Barrie Kosky (Die Gezeichneten, Boris Godunow), Nadja Loschky, Nina Russi, Jan Essinger und Jetske Mijnssen (Idomeneo, Hippolyte et Aricie, Platée). Bei den Salzburger Festspielen 2012 erarbeitete sie La bohème mit Damiano Michieletto. Während der Corona-Pandemie war sie Co-Gründerin der Konzertreihe Altchemie live in der Alten Chemie Uetikon (https://www.altchemie.live).
Nicolas Cavallier, Le Marquis de La Force
Nicolas Cavallier
Nicolas Cavallier stammt aus Frankreich und studierte an der Royal Academy of Music in London und dem National Opera Studio London. Er startete seine Karriere beim Glyndebourne Festival als Sarastro (Die Zauberflöte) und Don Fernando (Fidelio). Danach trat er regelmässig in wichtigen Mozart-Partien auf: Figaro (Le nozze di Figaro), Leporello, Don Giovanni sowie Don Alfonso (Così fan tutte). Ebenso sang er die Titelpartien in Don Quichotte, Il turco in Italia und Der fliegende Holländer. Darüber hinaus spezialisierte er sich auf die Bösewichte in Offenbachs Les Contes d’Hoffmann, Gounods Faust, Berlioz’ La Damnation de Faust oder Strawinskys The Rake’s Progress. Er gastierte regelmässig an den grossen Opernhäusern in Paris, Wien, Mailand, Berlin, Brüssel, Marseille, Monte Carlo, Lyon, Bologna und Turin und arbeitete dabei mit Dirigenten wie Philippe Jordan, Marc Minkowski, William Christie, Alberto Zedda, Ingo Metzmacher, Sir Colin Davies und Sir John Eliot Gardiner. Engagements der jüngeren Zeit umfassen Blaubart (Herzog Blaubarts Burg) in Marseille, Dämon (Rubinsteins Der Dämon) in Bordeaux, Don Quichotte in Tours, Don Alfonso an der Opéra National du Rhin, Don Balthazar / Saint Nicolas / Frère Léon (Dalbavies Le Soulier de Satin), Phorbas (Enescus Oedipe) an der Opéra national de Paris, Le Grand Prêtre de Dagon (Samson et Dalila) an der Opéra de Monte-Carlo sowie ein Galakonzert an der Opéra de Lausanne.
Olga Kulchynska, Blanche, seine Tochter
Olga Kulchynska
Olga Kulchynska wurde in Riwne (Ukraine) geboren. Sie studierte an der Tschaikowsky Musikakademie in Kiew bei Maria Stefiuk. Im dortigen Opernstudio sang sie Giannetta (L’elisir d’amore) und Contessa (Le nozze di Figaro). Olga Kulchynska ist Absolventin mehrerer Meisterkurse und Preisträgerin verschiedener internationaler Wettbewerbe, u.a. des internationalen Hans-Gabor-Belvedere-Gesangswettbewerbs. 2015 gewann sie den renommierten Gesangswettbewerb Francesco Viñas in Barcelona. In der Spielzeit 2013/14 war sie Mitglied im Young Artist Program des Bolschoi-Theaters und debütierte 2014 am Bolschoi-Theater als Marfa in der Neuproduktion von Rimsky-Korsakows Die Zarenbraut. Im Rahmen einer Tournee sang sie die Produktion auch in konzertanten Aufführungen am Theater an der Wien und in der Avery Fisher Hall (Lincoln Center Festival). Als Ensemblemitglied ist sie am Bolschoi-Theater ab 2014 u.a. als Musetta (La bohème), Susanna (Le nozze di Figaro) und Gilda (Rigoletto) aufgetreten. Ebenfalls als Musetta war sie am Gran Teatre del Liceu in Barcelona, an der Met in New York, in Amsterdam und in Rom zu hören. In den vergangenen Spielzeiten debütierte sie als Rosina an der Opéra Bastille, als Susanna an der Bayerischen Staatsoper, als Leïla (Les Pêcheurs de perles) in Barcelona, als Ilia (Idomeneo) an den Münchner Opernfestspielen, als Micaëla (Carmen) an der Wiener Staatsoper und sang Pamina an der Bayerischen Staatsoper und Adina in Glyndebourne. Am Opernhaus Zürich war sie bisher als Giulietta (I Capuleti e i Montecchi), Adina (L’elisir d’amore), Zerlina (Don Giovanni), Gretel, Leïla und Blanche (Dialogues des Carmélites) zu sehen.
Thomas Erlank, Le Chevalier, sein Sohn
Thomas Erlank
Thomas Erlank stammt aus Südafrika. Er studierte Musik an der Universität von Stellenbosch (Südafrika) und Gesang am Royal College of Music in London bei Patricia Bardon. 2011 gab er sein Debüt als Solist in Steve van der Merwes Eleven – A Requiem for a Parent in der St. George’s Cathedral in Kapstadt. Zu seinem Repertoire gehören u.a. Rollen wie Aeneas (Dido und Aeneas), Dr. Blind (Die Fledermaus), Acis (Acis und Galatea) und Il Podestà (La finta giardiniera). Beim Händel Festival in London sang er Lurcanio in Händels Ariodante. 2015 wirkte er in David Morins Dokumentarfilm Finding Messiah mit. Mit Werken von Mozart, Haydn und Händel war er u.a. in St. Martin-in-the-Fields, in der Cadogan Hall und beim Brighton Fringe Festival zu erleben. Von 2018 bis 2020 war er Mitglied des Internationalen Opernstudios und sang hier 2018/19 den Tenorpart in der Ballettproduktion Winterreise von Christian Spuck, Borsa in Rigoletto, Ambrogio in der IOS-Produktion Il barbiere di Siviglia am Theater Winterthur sowie den Conférencier in der Uraufführung Last Call von Michael Pelzel. In der Spielzeit 2019/2020 war er in Belshazzar, in der Zauberflöte und in Fidelio zu hören. Seit der Spielzeit 2020/21 gehört er zum Ensemble des Opernhauses Zürich und sang jüngst in Idomeneo, L’incoronazione di Poppea, Die Odyssee, Dialogues des Carmélites, L’Olimpiade, Tristan und Isolde sowie in La traviata und Salome. Ausserdem gastierte er im März 2023 als Solist in Mozarts Requiem in der Gulbenkian Foundation Lissabon zusammen mit dem Gulbenkian Orchestra.
Evelyn Herlitzius, Madame de Croissy
Evelyn Herlitzius
Evelyn Herlitzius erhielt ihre musikalische Ausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Es folgten Engagements in Saarbrücken und Karlsruhe. 1997 debütierte sie an der Sächsischen Staatsoper Dresden als Leonore (Fidelio). In Dresden erarbeitete sie sich viele grosse Partien ihres Fachs wie Jenůfa, Elisabeth / Venus (Tannhäuser), Sieglinde (Die Walküre), Brünnhilde (Die Walküre, Siegfried und Götterdämmerung), Kundry, Lady Macbeth von Mzensk und Jeanne (Die Teufel von Loudun). Sie gastierte u. a. an der Staatsoper Wien (Leonore, Isolde), an der Deutschen Oper Berlin (Ring-Zyklus, Elisabeth / Venus), De Nederlandse Opera Amsterdam (Färberin), Deutsche Staatsoper Berlin (Salome) und am Teatro alla Scala di Milano (Wozzeck / Marie, Lohengrin / Ortrud). Ihr Debüt bei den Bayreuther Festspielen gab sie 2002 mit Brünnhilde und wurde erneut für den Ring-Zyklus 2003 und 2004, für Kundry 2006 und 2007 und für Isolde 2015 eingeladen. Elektra sang sie u. a. in Zürich, Berlin, München, Barcelona und Wien. Sie arbeitete mit Dirigenten und Regisseuren wie Sir Georg Solti, Giuseppe Sinopoli, Daniele Gatti, Adam Fischer, Christian Thielemann, Fabio Luisi, Kent Nagano, Pierre Boulez, Sebastian Weigle, Simone Young, Franz Welser-Möst, Daniel Barenboim, Ingo Metzmacher, Willy Decker, Jürgen Flimm, Andreas Homoki, Harry Kupfer, Christof Loy, Peter Mussbach, Hans Neuenfels und Christoph Schlingensief zusammen. 2002 wurde sie zur Kammersängerin ernannt. Sie ist Trägerin des «Christel-Goltz-Preises» (1999) und des Deutschen Theaterpreises «Faust» (2006 und 2014). In Zürich war sie zuletzt als Elektra und als Emilia Marty in Die Sache Makropulos zu sehen.
Inga Kalna, Madame Lidoine
Inga Kalna
Inga Kalna wurde in Riga geboren und studierte Gesang und Musikwissenschaften an der Lettischen Musikakademie Jāzeps Vītols. Nach ersten Engagements an der Lettischen Nationaloper setzte sie ihr Studium an der Royal Academy of Music in London fort. An der Staatsoper Hamburg wurde sie 1999 ins Internationale Opernstudio aufgenommen und war von 2001 bis 2007 festes Ensemblemitglied. Weitere Engagements führten sie u. a. an De Nationale Opera Amsterdam, die Vlaamse Opera Antwerpen, die Opéra de Lausanne, das Théâtre du Capitole in Toulouse, das Bolschoi-Theater Moskau, das Grand Teatre del Liceu Barcelona, das Teatro Real in Madrid, die Canadian Opera Company, die Staatsoper Unter den Linden in Berlin und zu den Salzburger Festspielen. 2007 debütierte sie an der Pariser Oper in der Titelrolle von Händels Alcina, gefolgt von ihrem Debüt an der Mailänder Scala in derselben Rolle 2009. Sie arbeitet regelmässig mit Marc Minkowski zusammen, u. a. für Projekte wie Alcina an der Wiener Staatsoper, Il trionfo del Tempo e del Disinganno an der Berliner Staatsoper und Lucio Silla bei der Salzburger Mozartwoche sowie mit René Jacobs, etwa bei den Dresdner Musikfestspielen, den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, der Berliner Staatsoper und beim Festival d’Aix-en-Provence. Jüngst sang sie Vagaus (Juditha Triumphans) an der Griechischen Nationaloper, Eva (Cain, ovvero Il primo omicidio) bei den Salzburger Festspielen und an der Opéra National de Montpellier, La Folie (Platée) an der Semperoper Dresden sowie die Titelrolle in Tosca am Theater Dortmund. Am Opernhaus Zürich debütierte sie 2022 als Madame Lidoine in Dialogues des Carmélites.
Alice Coote, Mère Marie de l'Incarnation
Alice Coote
Alice Coote wurde im Norden Englands geboren. Sowohl auf der Opern- als auch auf der Konzertbühne zuhause, tritt sie regelmässig an international renommierten Häusern und Konzertsälen auf: u.a. in der Wigmore Hall, BBC Proms, Concertgebouw, Wiener Konzerthaus, Lincoln Center und in der Carnegie Hall mit Orchestern wie dem London Symphony Orchestra, Boston Symphony Orchestra, New York Philharmonic, Chicago Symphony Orchestra, Orchestra of the Age of Enlightenment, The English Concert oder der Kammerphilharmonie Bremen. Die Mezzosopranistin sang die Rollen ihres Faches wie Dejanira in Hercules, Leonore in La Favorite, Carmen, Charlotte in Werther, Dorabella, Lucretia in The Rape of Lucretia, Marguerite in La Damnation de Faust, Penelope in Il ritorno d’ Ulisse in patria, Octavian in Der Rosenkavalier, Komponist in Ariadne auf Naxos, Orfeo in Orfeo ed Euridice, Idamante, Poppea/ Nerone in L’incoronazione di Poppea, Hänsel, Sesto/ Vitelia in La clemenza di Tito, Sesto in Giulio Cesare, Maffio Orsini in Lucrezia Borgia, Le Prince Charmant in Cendrillon, Ruggiero in Alcina sowie Ariodante. Dabei trat sie an allen grossen Bühnen auf, darunter in Glyndebourne, Royal Opera House, Opéra de Paris, Théâtre des Champs-Elysées, Dutch National Opera, Grand Théâtre de Genève, Bayerische Staatsoper, Oper Frankfurt, Salzburger Festspiele, Lyric Opera of Chicago, Seattle Opera, LA Opera, San Francisco Opera, Canadian Opera Company sowie an der New Yorker Met. 2018 wurde sie mit dem Orden des British Empire geehrt für ihre Verdienste im Bereich der Musik.
Sandra Hamaoui, Sœur Constance de St.-Denis
Sandra Hamaoui
Sandra Hamaoui, französisch-amerikanische Sopranistin, studierte am Konservatorium San Francisco und an der Juilliard School of Music in New York. Sie ist Preisträgerin zahlreicher Wettbewerbe; u. a. war sie Halbfinalistin bei den Metropolitan Opera National Council Auditions und gewann jeweils den ersten Preis bei den New England Regional Finals, beim West Bay Opera League Wettbewerb und beim Mary Trueman Gesangswettbewerb. Noch während ihrer Studienzeit sang sie die Titelpartie von Gounods Roméo et Juliette mit dem Canadian Vocal Arts Institute und Adina in L’elisir d’amore mit dem San Francisco Conservatory of Music am Kennedy Center. In der Spielzeit 2017/18 war sie Mitglied des Ensembles der Deutschen Oper Berlin, wo sie u. a. Ninetta (Die Liebe zu den drei Orangen) und Pamina (Die Zauberflöte) sang. Im Sommer 2018 gastierte sie am Verbier Festival, wo sie in Adriana Lecouvreur und in Rigoletto zu hören war. Als Ensemblemitglied am Opernhaus Zürich war sie u. a. bereits als Susanna in Le nozze di Figaro, Gilda in Rigoletto, Constance in einer Neuproduktion von Dialogues des Carmèlites, Nanetta in Falstaff, Gretel in Robert Carstens Neuproduktion von Hänsel und Gretel, Alice (Alice im Wunderland) und Miss Ellen (Lakmé) zu erleben. Jüngst debütiert sie in der Titelrolle von Roméo et Juliette mit dem Orchestre de Chambre de Genève.
Liliana Nikiteanu, Mère Jeanne de l'Enfant Jésus
Liliana Nikiteanu
Liliana Nikiteanu studierte am Konservatorium in Bukarest. Ihr erstes Festengagement erhielt sie 1986 im Musiktheater Galati. Sie gewann zahlreiche Preise, und im Jahr 2000 wählte sie die Opernwelt zur «Besten Nachwuchssängerin des Jahres». Ihr Repertoire umfasst über 80 Rollen, die sie in Zürich, wo sie seit 1991 Ensemblemitglied ist, oder in anderen Opernhäusern gesungen hat, u.a. Octavian (Der Rosenkavalier) an der Bastille, der Wiener und Hamburgischen Staatsoper, Ježibaba (Rusalka) in Montreal, Sesto (La clemenza di Tito) in Dresden, Rosina (Il barbiere di Siviglia) in Wien und München, Dorabella (Così fan tutte) in Dresden, München, Salzburg und Aix-en-Provence, Fjodor (Boris Godunow) in Salzburg, Margarethe (La damnation de Faust) in Brüssel und Dulcinée (Don Quichotte) im Theater an der Wien. In Zürich verkörperte sie alle Mozartpartien ihres Fachs sowie Partien wie Ljubascha (Die Zarenbraut), Amme (Dukas’ Blaubart) und Fricka (Das Rheingold). Als Konzertsängerin reicht ihr Repertoire von Bach bis Berio. In Bamberg sang sie Berenice von Haydn unter Adam Fischer, in Paris Berlioz’ Les nuits d'été unter Heinz Holliger, in Kopenhagen Verdis Requiem und in Tel Aviv und Haifa Bruckners Te Deum unter Zubin Mehta. Zu den Dirigenten, die sie geprägt haben, gehören Nikolaus Harnoncourt, Claudio Abbado, Fabio Luisi, Franz Welser-Möst, John Eliot Gardiner, René Jacobs und Philippe Jordan. Zuletzt war sie in Zürich u.a. als Beggar Woman (Sweeney Todd), Teresa (La sonnambula), Marthe Schwertlein (Faust), Larina (Jewgeni Onegin), Tisbe (La Cenerentola), Frau Waas / Frau Mahlzahn (Jim Knopf) und Praškowia (Die lustige Witwe) zu erleben.
François Piolino, L'Aumônier du Carmel
François Piolino
François Piolino wurde in Basel geboren, studierte am Conservatoire de Lausanne, der Londoner Guildhall School of Music and Drama und am Conservatoire national supérieur de Paris. Zu Beginn seiner Karriere widmete er sich der Barockmusik und arbeitete u.a. mit William Christie und Les Arts florissants zusammen. Heute ist er als Charaktertenor an den führenden Opernhäusern weltweit gefragt, so zum Beispiel an der Opéra de Paris, dem Théâtre du Châtelet, dem Théâtre des Champs-Élysées, dem Royal Opera House in London, der Opéra de Lyon, der La Monnaie in Brüssel, der Oper Amsterdam, der Berliner Staatsoper, der Opéra Royal de Wallonie, dem Grand Théâtre de Genève, der Oper Stockholm, der Opéra national du Rhin sowie an den Festivals von Aix-en-Provence, Glyndebourne und Verbier. Sein Repertoire umfasst Partien wie Remendado (Carmen), Guillot de Morfontaine (Manon), Duke (Chérubin), Schmidt (Werther), vier Diener (Les Contes d’Hoffmann), Goro (Madama Butterfly), Caius (Falstaff), Pang (Turandot), Triquet (Eugen Onegin), Novice (Billy Budd), Taupe (Capriccio), Scaramuccio (Ariadne auf Naxos), Valzacchi (Der Rosenkavalier) und Monostatos (Die Zauberflöte). In der Spielzeit 2021/22 interpretiert er ausserdem Dr. Blind (Die Fledermaus) in Toulon und Avignon sowie Don Basilio (Le nozze di Figaro) am Glyndebourne Festival.
Freya Apffelstaedt, Sœur Mathilde
Freya Apffelstaedt
Freya Apffelstaedt, Mezzosopran, wurde in Südafrika geboren. Sie schloss 2021 ihr Masterstudium an der Hochschule für Musik und Theater München ab und gewann 2020 den zweiten Preis beim Hochschulwettbewerb Felix Mendelssohn Bartholdy, einen Sonderpreis beim Internationalen Klassik-Gesangswettbewerb «DEBUT» und den dritten Preis beim Bundeswettbewerb Gesang. 2023 war sie Finalistin des «Tenor-Viñas»-Wettbewerbs in Barcelona. Ausserdem ist sie Empfängerin des Deutschlandstipendiums und war Stipendiatin des Richard-Wagner-Verbandes Bayreuth. Als Konzertsängerin umfasst ihr Repertoire nahezu alle gängigen Oratorien von Monteverdi, Schütz, Bach, Händel und Mozart bis hin zu Werken des 20. Jahrhunderts. Im Rahmen ihres Studiums trat sie in der Uraufführung der Oper liminal space auf, einer Kooperation der HfMT München mit der Münchener Biennale für Neues Musiktheater. Weitere Engagements umfassen die Rolle der Hippolyta in Brittens A Midsummer Night’s Dream an der Bayerischen Theaterakademie August Everding sowie Auftritte mit den Münchner Symphonikern und mit dem Konzerthausorchester Berlin. Im Sommer 2021 nahm sie am «Young Singers Project» der Salzburger Festspiele teil. Als Mitglied des Internationalen Opernstudios Zürich in den Spielzeiten 2021/22 und 2022/23 sang sie hier u.a. Penélope (Die Odyssee), Sœur Mathilde (Dialogues des Carmélites), Lisetta (Il mondo della luna), Gimgerde (Die Walküre) und Amastre (Serse).
Saveliy Andreev, 1er Commissaire
Saveliy Andreev
Saveliy Andreev wurde in Sankt Petersburg geboren und studierte am Glinka Choral College Gesang, Dirigat und Klavier. 2015 schloss er sein Studium in Chorleitung ab und studierte anschliessend in Sankt Petersburg am Rimski-Korsakov Konservatorium Gesang. In der Music Hall in Sankt Petersburg war er seit 2017 regelmässig als Solist zu hören. 2017 war er Teilnehmer des Festivals «14th German Week» in St. Petersburg und sang dort eine Solopartie in der Bach-Kantate Lasst uns sorgen, lasst uns wachen. 2018 gewann er den ersten Preis in der Tenor-Kategorie bei dem Wettbewerb «Great Opera. Voices of the Future». 2019 war er Teilnehmer eines Studienprogramms des Teatro del Maggio Musicale in Florenz. Seit der Spielzeit 2020/21 ist er Mitglied des Internationalen Opernstudios und war hier bisher in Boris Godunov, Simon Boccanegra, Salome, Le Comte Ory, Dialogues des Carmélites und in Il mondo della luna zu erleben.
Alexander Fritze, 2e Commissaire
Alexander Fritze
Alexander Fritze studierte Schlagwerk und Gesang an der Hochschule für Musik Saarbrücken. Er war in zahlreichen Hochschulproduktionen, in einer Aufführung von Bachs Matthäuspassion (Jesus) und bei diversen Liederabenden als Sänger auf der Bühne zu erleben. Sein professionelles Debüt gab er 2017 in der Rolle des 2. Geharnischten in einer Produktion von Die Zauberflöte an der Longborough Festival Opera in Gloucestershire. Im selben Jahr wechselte er in die Klasse von Prof. Rudolf Piernay an der Guildhall School of Music and Drama in London. Zudem besuchte er Meisterkurse bei Prof. Edith Wiens (Juilliard School New York) und Elizabeth McDonald (University of Toronto). Seit der Spielzeit 2021/22 ist er Mitglied des Internationalen Opernstudios Zürich und war hier bisher in Salome, Die Odyssee, Dialogues des Carmélites und Macbeth zu erleben.
Valeriy Murga, Le Geôlier
Valeriy Murga
Valeriy Murga studierte an der Ukrainischen Nationalen Musikakademie Kiew. Sowohl beim 41. Concours International de Chant in Toulouse 1996 als auch beim 7. Julian-Gayarre-Wettbewerb in Pamplona 1998 gehörte er zu den Finalisten. 1997 gewann er den zweiten Preis beim Maria Callas Grand Prix in Athen und konnte 1999 am Cardiff Singer of the World-Wettbewerb (BBC) teilnehmen. 1997 bis 1999 war er Solist der Ukrainischen Nationaloper Kiew, wo er u.a. die Rollen Figaro, Don Giovanni, Germont, Escamillo, Onegin, den Fürsten Igor und Schaunard verkörperte. In seinem Repertoire befinden sich ausserdem Partien wie der Marchese di Posa (Don Carlo) und Schaklowity (Chowanschtschina). Am Opernhaus Zürich trat Valeriy Murga noch als Mitglied des IOS u.a. in Tosca (Sciarrone, Schliesser) und Rigoletto (Monterone) auf. Seit Beginn der Spielzeit 2000/01 ist er hier fest engagiert und war u.a. in Pique Dame (Jelezki), Carmen (Moralès), Salome (2. Soldat), Il barbiere di Siviglia (Fiorello/Ufficiale), La sonnambula (Alessio), Rigoletto (Marullo und Monterone), L’italiana in Algeri (Ali), Faust (Wagner) sowie in Familienopern wie u.a. Das Gespenst von Canterville (Dr. Bürkli), Robin Hood (Little John), Das verzauberte Schwein (Schwein) und Jim Knopf (Halbdrache/Oberbonze Pi Pa Po) zu hören. In Tiefland gastierte er am Liceu Barcelona und in L’italiana in Algeri an der Berliner Staatsoper Unter den Linden. Zuletzt war er in Zürich u.a. in Die Odyssee (Eurylochos), Dialogues des Carmélites (Le Geôlier), La bohème (Dottor Grenvil), Alice im Wunderland (Schlafmaus/Zwiddeldum), La rondine (Butler) und Die lustige Witwe (Bogdanowitsch) zu erleben.
Benjamin Molonfalean, Officier
Benjamin Molonfalean
Benjamin Avram Molonfalean, Bassbariton, wurde in Rumänien geboren. Sein Musikstudium schloss er an der Königlich Dänischen Musikakademie in Kopenhagen ab. Während seines Studiums sang er u.a. den Förster in Janáčeks Das schlaue Füchslein und die Titelpartie in Le nozze di Figaro. 2015 nahm Benjamin Molonfalean an Meisterkursen von Constance Fee und Gabor Bretz am Crescendo Summer Institute in Tokaj (Ungarn) teil. 2017 debütierte er an der Århus Sommeropera in der Oper Darwin von Niels Marthinsen. 2018 sang er in Rossinis Petite Messe solennelle in der Domkirche in Maribo (Dänemark) sowie 2019 die Titelrolle in Don Pasquale an der Opera Prima in Wien. Seit der Spielzeit 2021/22 ist er Mitglied des Internationalen Opernstudios Zürich und war hier bisher in Tosca, Le Comte Ory und in Dialogues des Carmélites zu erleben.
Yannick Debus, Thierry
Yannick Debus
Yannick Debus studierte Gesang an der Musikhochschule Lübeck, an der Hochschule für Musik Basel und an der Schola Cantorum Basiliensis. Parallel zu seiner Gesangsausbildung studierte er in Lübeck Musiktheorie und Gehörbildung. Während des Studiums sang er an den Theatern Kiel und Lübeck u. a. die Hauptrolle des Dichters in L’impresario in angustie (Cimarosa). Im Rahmen der Jungen Oper Schloss Weikersheim war er im Sommer 2017 in der Rolle des Vaters in Humperdincks Märchenoper Hänsel und Gretel zu erleben. Im Sommer 2018 sang er bei der Kammeroper Schloss Rheinsberg die Rolle des Guglielmo in Così fan tutte. Er war am Theater Basel in der Rolle des Kaisers Overall in Viktor Ullmanns Der Kaiser von Atlantis und als Figaro in Milhauds La mère coupable und bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik als Emireno in Händels Ottone, re di Germania zu erleben. Von 2020-2022 war er Mitglied des Internationalen Opernstudios in Zürich und war hier u.a. als Kilian in Der Freischütz, als Sprecher und 2. Priester in Die Zauberflöte, als Hermann in Les Contes d’Hoffmann, als Thierry in Dialogues des Carmélites und als Pieter in Girl with a Pearl Earring zu erleben. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn mit René Jacobs, mit dem er als Orpheus in Telemanns gleichnamiger Oper in Basel zu erleben war, und 2022 als Apollo in Händels Apollo e Dafne, als Kilian und Ottokar in der CD-Release Tournee vom Freischütz, und in Israel in Egypt. 2022 sang er im Konzerthaus Berlin Haydns Schöpfung und in der Berliner Philharmonie Beethovens 9. Sinfonie.