Das tapfere Schneiderlein
Kleine Oper mit einem lustigen Helden von Wolfgang Mitterer (*1958) nach den Brüdern Grimm
Libretto von Helga Utz
Für Kinder ab 6 Jahren
In deutscher Sprache. Dauer 1 Std. 15 Min. Keine Pause.
Die Studiobühne im dritten Untergeschoss des Opernhauses ist nur über 52 Treppenstufen erreichbar und somit für RollstuhlfahrerInnen nicht zugänglich.
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Gut zu wissen
Das tapfere Schneiderlein
Schau mir in die Augen, Kleiner
In unserem Musiktheaterstück für Kinder, «Das tapfere Schneiderlein», spielen Puppen, die von den Sängerinnen und Sängern zum Leben erweckt werden, eine zentrale Rolle. Da will jeder Blick präzise einstudiert sein. Kai Anne Schuhmacher ist die Regisseurin dieses aussergewöhnlichen Opernmärchens.
Dieser Artikel erschien im September 2020.
«Atmen», sagt Kai Anne Schuhmacher, «ihr müsst das Atmen lernen. Nur so erweckt ihr die Puppe zum Leben.» Die junge Regisseurin gibt einen dreitägigen Workshop für Puppenspiel, und als Zuschauer hat man ein bisschen das Gefühl, bei einer Geburt dabei zu sein: Nacheinander müssen die Teilnehmenden versuchen, ihrer Puppe Leben einzuhauchen, sie aufzurichten, ins Publikum blicken zu lassen und wieder schlafen zu legen. Und das ist gar nicht so einfach, wie es klingt.
Kai Anne Schuhmacher bereitet auf der Studiobühne ihre Inszenierung des Tapferen Schneiderleins von Wolfgang Mitterer vor, einer «kleinen Oper nach den Brüdern Grimm», und sie wagt in dieser Produktion das Experiment, mit «Puppen-unerfahrenen» Sängerinnen und Sängern ein ganzes Opernmärchen auf die Bühne zu bringen. Die Darstellenden müssen am Ende nicht nur ihren musikalischen Part und den eigenen Körper beherrschen, sondern auch die eigentlichen «Hauptdarsteller», die Puppen, die teilweise so gross sind wie ein ausgewachsener Mensch. Bei Übungen, in denen sich zwei Puppen begegnen, lernen die Sängerinnen und Sänger, ihre eigene Energie in die Puppen zu leiten und diesen dadurch Ausdruck zu verleihen – entscheidend ist hier die Blickrichtung. Und so richtig komplex wird es, wenn verschiedene Darstellende zusammen eine Puppe aufstehen oder spazieren lassen sollen. «Jetzt sind alle Knochen gebrochen...», kommentiert Kai Anne Schuhmacher den ersten Versuch und erteilt den Teilnehmenden ein wenig Anatomieunterricht.
«Puppentheater ist eine eigene Kunstform, die man auch studieren kann», sagt die Regisseurin, die bereits mehrfach mit Puppen gearbeitet hat und jüngst mit dem Götz-Friedrich-Studiopreis ausgezeichnet wurde. Unterstützt wird sie vom professionellen Puppenspieler Marius Kob, der nicht nur bei der Einstudierung hilft, sondern im Märchen vom tapferen Schneiderlein auch die Partie des Königs übernimmt.
An einem Königshof endet nämlich das Märchen, das in einer einfachen Schneiderwerkstatt begonnen hat – und das davon erzählt, wie aus einem Schneiderlein einrichtiger Held wird. Als erste «Heldentat» erschlägt das Schneiderlein sieben Fliegen, die sein Marmeladenbrot umschwirren, und stickt sich diesen Erfolg in dicken Lettern auf einen Gurt: 7 AUF EINEN STREICH. Die Königstochter, die das Schneiderlein in einem Garten schlafend findet, ist von dieser Nachricht beeindruckt, doch der König und seine Berater wollen das Schneiderlein auf die Probe stellen und seine Tapferkeit prüfen: gefährliche Riesen, ein garstiges Wildschwein und ein eitles Einhorn muss es erst bewältigen, bevor der Heirat mit der Königstochter nichts mehr im Weg steht.
Hergestellt wurden die Puppen zu dieser Geschichte nach Entwürfen von Kai Anne Schuhmacher und Tobias Flemming (Ausstattung) in den Werkstätten des Opernhauses Zürich. In der Workshop-Woche fehlt hier noch ein Kostümteil und dort eine Perücke, doch der elementare Bewegungsapparat ist soweit fertig, dass mit den Puppen gespielt werden kann. Nach und nach machen sich die Darstellenden mit den Figuren vertraut, bis Körper und Puppe organisch miteinander zu verschmelzen beginnen. Nicht nur Konzentration und Einfühlungsvermögen, sondern auch Muskelkraft ist dafür erforderlich – etwa im Oberarm des Einhorn-Spielers, der den langen Hals des Tiers bildet – und Multitasking, wenn das Wildschwein gleichzeitig dieAugenbrauen hochziehen, zwinkern, die Zähne fletschen, watscheln... und dann auch noch singen soll. In den Wochen bis zur Premiere wird die szenische Arbeit mit der Musik des österreichischen Komponisten Wolfgang Mitterer verbunden. Diese Partitur, die neben live produzierten auch elektronische Klänge erfordert, ist unkonventionell notiert und bildet für die Sängerinnen und Sänger eine zusätzliche Herausforderung. Doch eines scheint jetzt schon gewiss, dieses Märchen für Kinder und Erwachsene wird ein sinnliches Erlebnis auf allen Ebenen.
Text von Fabio Dietsche.
Dieser Artikel ist erschienen im MAG 77, September 2020.
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Mit der Regisseurin Kai Anne Schuhmacher gibt es eine Folge von unserem Podcast «Zwischenspiel».
Die Folge können Sie hier anhören.