Belshazzar
Oratorium von Georg Friedrich Händel (1685-1759)
Text von Charles Jennens
In englischer Sprache mit deutscher und englischer Übertitelung. Dauer 2 Std. 50 Min. inkl. Pause nach dem 1. Akt nach ca. 1 Std. 13 Min. Werkeinführung jeweils 45 Min. vor Vorstellungsbeginn.
Einführungsmatinee am 20 Okt 2019.
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde der Oper Zürich
Gut zu wissen
Wie machen Sie das, Herr Bogatu?
Die ersten vier Produktionen unserer Spielzeit hatten alle gemeinsam, dass Videoprojektionen darin eine grosse Rolle spielten. In Die Sache Makropulos blickte man durch ein Fenster auf einen vom Wind bewegten Wald - eine Videoprojektion. Im Ballett Das Mädchen mit den Schwefelhölzern zündete das Mädchen ein Streichholz an, und in einer Videoprojektion sah man, welchen Schaden die Kaufhausbrandstiftung der Terroristin Gudrun Ensslin einst anrichtete. Im Händel-Oratorium Belshazzar hat der Regisseur vorab mit den Darstellern gedrehte Filmsequenzen in das Bühnengeschehen montiert. Und in unserer aktuellen Familienoper Coraline werden die Tapeten des Bühnenzimmers «lebendig»: Farnblätter laufen wie Käfer die Wände hinauf und hinab.
Die Projektionen werden in der Regel mit einem Beamer (Modell «Boxer 4K30») erzeugt. Das Prinzip ist im Grunde nicht anders als beim guten alten Diaprojektor - nur dass der Lichtstrahl nicht durch ein Dia eingefärbt wird, sondern zunächst durch ein Prisma in drei Grundfarben rot, grün und blau aufgeteilt wird. Diese drei Lichtstrahlen treffen nun auf je einen Mikrochip, der mit knapp 9 Millionen kleinen, beweglichen Spiegeln versehen ist. Jeder einzelne Spiegel kann so gesteuert werden, dass er das Licht entweder auf einen bestimmten Punkt auf die Projektionsfläche reflektiert oder im Gehäuse des Beamers verschwindet - und das mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit von 4000 Mal pro Sekunde. Das Bündel von 27 Millionen rot, grün oder blau eingefärbten Lichtstrahlen geht, bevor es den Beamer verlässt, durch ein paar Linsen hindurch, damit diese dann ein gestochen scharfes Bild in der gewünschten Grösse auf einer Projektionsfläche anzeigen. Die für uns Menschen sichtbaren Farben entstehen durch die Mischung der drei Grundfarben, Dunkelheit entsteht durch das Weglassen dieser Farben.
Nun stellt sich eine naheliegende Frage: Wenn wir über eine so geniale Technik verfügen, brauchen wir dann eigentlich noch Bühnenbilder? Kann man das nicht alles einfach projizieren? Das geht nur beschränkt: Ein grosses und ganz banales Problem ist, dass vor der Projektionsfläche häufig Personen stehen und damit in der Regel im Bild des Beamers. Die projizierte Ziegelwand im Hintergrund würde also auch auf den Gesichtern und Kleidern der Personen auf der Bühne erscheinen, und die Personen würden einen Schatten auf die Wand werfen. Ein weiteres Problem ist die Beleuchtung auf der Bühne: Damit man die Darstellenden auf der Bühne sehen kann, werden Scheinwerfer eingesetzt, deren Licht immer an irgendeiner Stelle auf die Projektionsfläche trifft. Und dann sieht jeder, dass es sich um eine Projektionsfläche handelt und nicht um eine gemauerte Wand.
Sparen würden wir dadurch auch nicht: Auf der Bühne beleuchten wir die gebaute Hauswand aus unterschiedlichen Winkeln, und die Ziegel können dann z.B. ganz dramatische lange Schatten werfen. In einer Videoprojektion müsste man solche Wechsel aufwändig und teuer «erbauen» und animieren. Und spätestens, wenn die Regisseurin von Coraline möchte, dass die Hauptfigur durch eine Türe ins Haus verschwindet, muss man eben doch eine Wand mit Türrahmen und Türe bauen. Ganz ausgeschlossen ist der Verzicht auf ein Bühnenbild allerdings nicht: In Herbert Fritschs Inszenierung von King Arthur der Spielzeit 2014/15 gab es kein gebautes Bühnenbild, sondern «nur» Videos auf einer grossen Projektionsfläche.
Text von Sebastian Bogatu.
Dieser Artikel erschien im MAG 74, November 2019.
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Belshazzar
Synopsis
Belshazzar
Erster Akt
Nitocris, die Mutter des babylonischen Kronprinzen Belshazzar, hat das gewalttätige Auf und Ab menschlicher Herrschaft vor Augen: Mächte streben ehrgeizig nach Grösse, setzen sich brutal gegen alle Widerstände durch, verwüsten die Welt, verfallen in Dekadenz – bis sich eine andere aufkommende Macht gewaltsam an ihre Stelle setzt, und der Kreislauf von Aufstieg und Niedergang von vorne beginnt. Nur Gottes Reich bestehe ewig.
Nitocris sorgt sich, dass Babylon untergeht. Die Königin sympathisiert mit dem Glauben des jüdischen Propheten Daniel, der mit seinem Volk in Babylon gefangengehalten wird. Er rät ihr, auf den Willen Gottes zu vertrauen und sich diesem zu unterwerfen.
Von den Stadtmauern herab verspotten die Babylonier den persischen Feldherren Cyrus und seine Truppen, die Babylon belagern: Erst wenn die Belagerer dereinst von den Hunden gefressen seien, würde Babylon ans Verhandeln denken. An der Seite von Cyrus steht Gobrias, ein babylonischer Adeliger, der zu den Persern übergelaufen ist, weil er auf Rache für seinen Sohn hofft, den Belshazzar töten liess. Cyrus erzählt Gobrias, wie er im Traum den ausgetrockneten Fluss Euphrat vor sich sah. Cyrus plant, den Fluss umzuleiten und nachts durch das trockene Flussbett in die Stadt einzudringen. Dies soll am Tag des SesachFestes geschehen, wenn die ganze Stadt im Rausch liegt. Gobrias beschimpft Belshazzar als Monster, das sich in Wollust und Völlerei ergehe.
Die in Babylon gefangenen Juden glauben, dass der Augenblick ihrer Befreiung naht. Daniel preist die göttlichen Verheissungen der Propheten, die den Untergang Babylons voraussagen und den Perser Cyrus als ihren Befreier nennen.
Belshazzar trifft letzte Vorkehrungen für das SesachFest, an dem der Wein in Strömen fliessen und Zügellosigkeit herrschen soll. Verärgert über die anwesenden Juden befiehlt er, die heiligen Gefässe der Juden, die sein Vorfahre Nebukadnezar im Tempel von Jerusalem erbeutet hatte, bei dem Fest zu verwenden. Die Juden warnen Belshazzar vor den Folgen dieser Gotteslästerung. Auch Nitocris warnt. Sie gerät in einen Streit mit Belshazzar: Er möge die Macht Gottes bedenken und dessen Rache fürchten. Belshazzar entgegnet ihr, sie solle sich nicht gegen ihren Sohn stellen und viel eher die Macht der babylonischen Götter und deren Rache fürchten. Die Juden prophezeien Belshazzar, er werde der Strafe Gottes nicht entgehen.
Zweiter Akt
Cyrus hat den Euphrat umgeleitet. Siegesgewiss rücken die Perser in die Stadt vor. Die Babylonier begehen ihr ausgelassenes Fest unter Verwendung der heiligen Gefässe der Juden. Belshazzar verhöhnt den Gott der Juden. Da erscheint eine Schrift mit den rätselhaften Worten «Mene, Mene, Tekel Upharsin». Die Babylonier erschrecken über den unerklärlichen Vorgang. Belshazzar lässt seine Magiere holen, aber sie können die Zeichen nicht deuten.
Auf Bitten von Nitocris wird Daniel herbeigerufen. Er vermag die Schriftzeichen zu entziffern und interpretiert sie: MENE bedeute, dass Gott die Tage von Belshazzars Herrschaft gezählt und für beendet erklärt habe. TEKEL bedeute, dass Belshazzar gewogen und für zu leicht befunden wurde. UPHARSIN bedeute, dass sein Reich an die Perser falle.
Nitocris fleht ihren Sohn an, in sich zu gehen und die Autorität Gottes anzuerkennen. Daniel ist überzeugt, er sei dazu nicht in der Lage: Ein Leopard könne sein Fleckmuster nicht ablegen. Belshazzar huldigt jetzt erst recht seinen babylonischen Göttern und will das Fest fortsetzen.
Dritter Akt
Vor dem entscheidenden militärischen Schlag gegen die Babylonier dankt Cyrus Gott, dass er ihm zur Seite steht. Er kündigt an, nur Belshazzar zu töten und das babylonische Volk zu schonen. Nitocris hofft unterdessen noch immer auf Reue ihres Sohnes, weiss jedoch um die Vergeblichkeit ihrer Hoffnung.
Es kommt zum Kampf. Belshazzar wird getötet. Gobrias dankt Gott und Cyrus für den Vollzug der Rache. Cyrus ruft das Ende des Krieges aus. Nitocris verneigt sich vor dem neuen Herrscher, bittet um Schonung ihres Volkes und trauert um den Verlust ihres Sohnes. Cyrus erklärt, dass ihr Volk sicher sei und sie in ihm einen neuen Sohn erhalte.
Daniel und die Juden machen Cyrus mit der Prophezeiung Jesaias bekannt, dass er der von Gott Auserwählte sei, das jüdische Volk aus der babylonischen Gefangenschaft zu befreien. Cyrus kündigt an, die Juden aus der Gefangenschaft zu entlassen und den Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen.
Alle beten.